Die Zukunft des deutschen Tennis findet ohne Kohlschreiber und Haas statt. Das machte Teamchef Arriens am Wochenende deutlich. Endlich bezog der Bundestrainer einmal öffentlich klar Stellung – und schärfte damit sein Profil.

Nancy. Als Carsten Arriens am Montagvormittag im Grand Hotel am Place Stanislas von Nancy seine Taschen packte, konnte der deutsche Teamchef zufrieden auf das vierte Davis-Cup-Wochenende seiner Amtszeit zurückblicken. Zwar hatte seine komplett neu formierte Mannschaft im Viertelfinale bei den starken Franzosen die Überraschung verpasst, doch mit Blick auf die Zukunft waren die Tage in der Region Lothringen ein Erfolg für das deutsche Tennis – und auch für Arriens persönlich.

Endlich einmal hatte wieder eine Mannschaft die deutschen Farben vertreten, die diese Bezeichnung verdiente. Nach den Ego-Auftritten von Tommy Haas und Philipp Kohlschreiber beim Erstrunden-Spiel gegen Spanien, als sich das Duo genau wie der verletzte Florian Mayer weigerte, am Schlusstag zum bedeutungslosen Einzel anzutreten, war der unbekümmerte und begeisternde Auftritt des deutschen Quartetts äußerst wohltuend.

Tobias Kamke, Peter Gojowczyk, Jan-Lennard Struff und André Begemann – diese Namen sind den deutschen Tennis-Fans vielleicht noch nicht ganz so geläufig. Doch es lohnt sich, ihnen die Zeit zu geben, an den Herausforderungen als Nationalspieler zu wachsen. „Ich bin sehr zuversichtlich für die Zukunft“, sagte Arriens, den man zuletzt nur selten so gelöst gesehen hatte wie in Nancy.

Endlich waren da einmal Spieler, die seine Werte Teamgeist, Kollegialität und Stolz, für Deutschland zu spielen, verinnerlichten. Zwar haben auch Kohlschreiber und Haas in der Vergangenheit oft bereitwillig die Knochen für das deutsche Tennis hingehalten. So ganz wurde man da aber nie den Eindruck los, dass es ihnen im Endeffekt doch nur um ihr eigenes Image ging.

Damit musste es zwangsläufig zur Konfrontation mit Arriens kommen, für den die Gemeinschaft über allem steht. Zwar wies der 44-Jährige nach der 2:3-Niederlage am Sonntag darauf hin, dass es auch mit den Etablierten so etwas wie ein Teamgefühl gegeben habe. Aber auch Arriens hatte zwei Monate zuvor in Frankfurt erkennen müssen, dass im Endeffekt doch nur jeder seine Haut retten wollte.

Dieses Mal hatte Arriens Profis dabei, die bereitwillig an seinen Lippen hingen. Kamke bedankte sich sogar bei Arriens für dessen Rede am ersten Teamabend, die „sehr inspirierend“ gewesen sei. Der Teamchef, der für seine Nicht-Erreichbarkeit in den Wochen nach Frankfurt heftig kritisiert worden war, strahlte, als er darauf angesprochen wurde. „So etwas erlebt man als Trainer nicht oft.“

In der von ihm und seinem Assistenten Michael Kohlmann geschaffenen Wohlfühl-Atmosphäre bezog Arriens endlich auch Stellung in der Causa Kohlschreiber, mit dem er am Wochenende zuvor noch beim sogenannten Versöhnungstag aneinandergeraten war. „Zum jetzigen Zeitpunkt habe ich kein Bild dafür, dass er noch einmal im Davis Cup spielt“, sagte Arriens in ungewohnter Deutlichkeit. Zwar will er sich noch einmal mit dem Augsburger treffen, doch ein Zurück gibt es nicht mehr.

Auch Haas dürfte mit nun 36 Jahren nicht mehr dabei sein, wenn Anfang Februar 2015 das nächste Davis-Cup-Spiel ansteht. Mayer ist aus Arriens' Sicht dagegen weiter ein Kandidat, der das junge Team mit seiner Erfahrung führen kann. „Ich habe eine Luxussituation, dass ich viele Spieler habe, die ich aufstellen kann“, sagte Arriens.

Das war dann vielleicht doch ein bisschen zu euphorisch, schließlich bekamen Kamke und Gojowczyk am Schlusstag, als es darauf ankam, deutlich ihre Grenzen aufgezeigt. Doch der Weg, lieber sportlich einmal einen Rückschlag hinzunehmen, als weiter auf die alte Garde zu setzen, ist für Arriens alternativlos. Das hat er mit seinen klaren Aussagen von Nancy endlich auch deutlich gemacht.