Nico Rosberg dominiert im Mercedes den Formel-1-Saisonstart in Melbourne

Melbourne. Nico Rosberg zögerte nicht eine Sekunde. Mit Anlauf sprang er in die Arme seiner Freundin Vivian Sibold, die in der Boxengasse des Albert Parks von Melbourne auf ihren künftigen Gatten wartete. Der Zaun, der die beiden voneinander trennte, störte weder den Mercedes-Piloten noch die blonde Architektin: Enthemmt feierten sie gemeinsam den Start in ein Jahr, das für beide ein besonderes wird. Der überlegene Sieg zum Saisonauftakt in Australien war nur die Ouvertüre für die geplante Hochzeit im Sommer.

Ob es womöglich am 23. November wieder etwas zu feiern gebe, wurde der 28-Jährige bei der anschließenden Pressekonferenz gefragt. Rosberg grinste kurz, erwog einen Moment lang die Möglichkeit, so zu tun, als wüsste er nicht, dass an dem Tag die Saison in Abu Dhabi beschlossen und der WM-Titel vergeben wird, rang sich dann aber doch zu einer Antwort durch. An die Krone der Formel1 verschwende er noch keinen Gedanken: „Bis dahin ist es noch so ein langer Weg. Ich genieße erst einmal nur den Moment.“ Rosberg war als Geheimfavorit nach Melbourne gekommen. Bei seiner Abreise kann von einem Geheimnis keine Rede mehr sein.

„Er hat alles richtig gemacht, das Auto hat perfekt funktioniert“, bekannte Mercedes-Chefaufseher Niki Lauda nach dem Rennen unumwunden. „Nico ist gefahren wie ein Gott.“ Und Götter werden im Motorsport nun mal an großen Titeln gemessen. Rosbergs Auftritt war in dreifacher Hinsicht außergewöhnlich. Er ließ sich weder von einem Start-Abbruch noch von einer Safetycar-Phase, die seinen komfortablen Vorsprung zusammenschmelzen ließ, aus der Ruhe bringen. Auch die Kunde, dass der Mercedes-Motor längst noch nicht so reibungslos funktioniert wie gehofft, steckte er unbeirrt weg.

Dafür musste sein Team-Kollege Lewis Hamilton schmerzhaft erfahren, wie anfällig das neue Aggregat trotz ausgezeichneter Trainingsleistung noch ist. Vom Start weg fiel der Brite zurück, sein Bolide wirkte wie ein Moped, in dessen Motor eine Drosselung eingebaut worden war, ohne dass der Fahrer etwas davon mitbekommen hatte. Ein Zylinder war ausgefallen, die Leistung brach dadurch regelrecht ein. „Es war Pech. Schuld hat da niemand. Wir müssen einfach daraus lernen“, konstatierte der bisweilen aufbrausende Ex-Champion bemerkenswert gefasst.

Um den empfindlichen Antriebsblock zu schonen, fuhr Hamilton nach wenigen Runden in die Garage zurück, anstatt als abgeschlagener Letzter hinter dem Feld herzurollen. Bei Mercedes, das zeigte auch dieser Schritt, denken sie dieses Jahr in Zielen, die größer sind als einzelne Rennen.

Rosbergs erster Verfolger war diesmal nicht Titelverteidiger Sebastian Vettel (siehe Text rechts), sondern dessen neuer Teamgefährte Daniel Ricciardo. Der 24-Jährige aus Perth verteidigte seinen zweiten Startplatz bis zum letzten Meter vor dem bärenstarken dänischen Neuling Kevin Magnussen im McLaren. Anschließend ließ er sich als erster Lokalmatador überhaupt feiern, der es beim Großen Preis von Australien auf das Podest geschafft hatte. Doch am Abend disqualifizierten ihn die Renn-Kommissare nach stundenlangen Diskussionen, weil die Benzindurchflussmenge während des Rennens über den erlaubten 100 Kilogramm pro Stunde gelegen haben soll. Red Bull kündigte an, gegen das Urteil vorzugehen.

So gehörten die ersten drei Plätze in Australien Autos mit Mercedes-Motoren. Hinter Rosberg und Magnussen kam der Brite Jenson Button im zweiten der wieder erstarkten McLaren ins Ziel. Als bester Fahrer, der nicht mit dem Stern auf dem Rennwagen unterwegs war, belegte der enttäuschte Fernando Alonso im Ferrari den vierten Platz.