Ein Kommentar von Christian-A. Thiel

Die Olympischen Winterspiele in Sotschi werden als Putins Spiele in die Sportgeschichte eingehen, Wettkämpfe von Gnaden des russischen Präsidenten. Mit Unbehagen haben neutrale Beobachter staatliche Willkür und schwerste Menschenrechtsverletzungen ertragen, nur um den herausragenden Leistungen der Sportler auf Schnee und Eis ihre verdiente Anerkennung zu gewähren.

Nun aber, nicht einmal zwei Wochen später, hat sich die Frage nach dem Sinn eines globalen Sportfestes in dieser Umgebung noch einmal verschärft. An diesem Freitag sollen in Sotschi die Paralympics eröffnet werden. Eine absurde Vorstellung.

Russland hat alle Rücksicht abgelegt. Aus dem verbalen Säbelrasseln ist ein handfester Verstoß gegen das Völkerrecht geworden. Putin hat mit der offenen Aggression auf der Krim den moralischen Anspruch verwirkt, Gastgeber der weltgrößten Leistungsschau des Behindertensports sein zu dürfen. Jetzt zum sportlichen Alltag zurückzukehren, wäre eine fatale Fehlentscheidung der Sportfunktionäre, die sich zu lange im Glanz der Macht gesonnt haben. Ihnen muss klar sein: Unpolitischen Sport gibt es nicht.

Tragisch ist die Situation für die paralympischen Sportler. Vier Jahre lang haben sie sich auf diesen Höhepunkt ihrer Laufbahn vorbereitet. Aber auch sie müssen einsehen: Fröhliche Wettkämpfe kann es unter diesen Umständen, gerade mal 500 Kilometer von der Krim entfernt, nicht geben. So ist auch die deutsche Mannschaft am Dienstag mit gemischten Gefühlen nach Sotschi geflogen. Denn schon jetzt steht fest: Der Sport ist auf jeden Fall ein Verlierer.