Famose Aufholjagd mit Bestzeit im zweiten Lauf des Riesenslaloms. Höfl-Riesch verzichtet auf einen Start

Sotschi. Viktoria Rebensburg, 24, hatte gut lachen. Wie vor vier Jahren in Vancouver war sie wieder von Platz sechs aus in den zweiten Lauf des olympischen Riesenslaloms gegangen, wieder gewann sie eine Medaille. Diesmal war es Bronze. Nur Siegerin Tina Maze aus Slowenien und die Österreicherin Anna Fenninger waren noch schneller als die Deutsche. Gold 2010, Bronze 2014, das ist eine hervorragende Bilanz für eine Mittzwanzigerin. „Aber es ist schwer, die zwei Rennen miteinander zu vergleichen“, sagte sie. „Damals hatte ich zuvor noch nie einen Weltcup gewonnen, Vancouver war mein erster Sieg. Für mich zählt die Medaille hier aber fast genauso viel wie damals Gold, weil meine Saison hart gewesen ist. Ich habe einige Tiefs durchmachen müssen.“

Tatsächlich hätte dieser olympische Winter für die Bayerin mit dem sagenhaft schnellen Riesenslalomschwung leicht einer zum Vergessen werden können. Zwar ließ er sich gut an mit Platz drei gleich im ersten Weltcup Ende Oktober, womit sie die Olympianorm frühzeitig unterboten hatte. Doch dann fing sich Rebensburg zunächst eine Bronchitis ein, die sich anschließend zu einer Lungenentzündung auswuchs. Fünf Wochen lang konnte sie weder an Rennen teilnehmen noch trainieren. Das hatte sie noch nie erlebt. „Es gab einen Punkt, an dem ich nicht sicher war, ob es jemals wieder gut werden würde“, erzählte sie. „Ich war fünf Wochen raus. Allein hier zu sein ist nun super. Dennoch, das Wichtigste ist, an seine Fähigkeiten zu glauben und den eigenen Weg weiterzugehen. Dass ich jetzt mit einer Medaille belohnt werde, ist umso schöner.“ Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, weinte vor Freude.

Und wie sie da so stand, im Platzregen in Rosa Chutor, da wirkte sie mit sich und der Welt sehr im Reinen. Denn einfach waren die Bedingungen an diesem trüben Tag im Alpine Centre beileibe nicht gewesen, für niemanden. Oben am Start schneite es, unten am Hang regnete es. „So ein Sauwetter habe ich bei einem Skirennen noch nie erlebt, unglaublich“, sagte der deutsche Alpindirektor Wolfgang Maier, „und ich bin schon sehr lange dabei. Unter solchen Bedingungen ein Rennen zu fahren – eigentlich hätte man es von der Wichtigkeit her nicht durchziehen müssen.“ Beinahe irregulär, eigentlich.

Die Piste aufgeweicht, die Sicht mies, der Nebel hartnäckig und alles nass: So pflügten 88 Starterinnen den Berg hinunter. Nach dem ersten Durchgang noch mit 0,71 Sekunden Rückstand auf den dritten Rang rangierend, gelang der Deutschen im zweiten mit dem schnellsten Lauf von allen noch der Sprung aufs Podest. Maier: „Ein Hammerrennen! Die Vicky ist im zweiten Lauf extrem stark gefahren.“ Nicht einmal von den Spurrillen ließ sich die Olympiasiegerin von 2010 irritieren. Im Gegenteil: „Im ersten Lauf war ich kurz überrascht gewesen von der Piste. Im zweiten Lauf dann, als schon viele runtergefahren waren, war die Piste echt gut durch den Regen. Wichtig war bloß, dass man die Spur trifft.“ Und Rebensburg traf. Sie hielt es einfach wie die nunmehr zweifache Olympiasiegerin Maze. Die sagte gut gelaunt: „Mir ist egal, ob es regnet, schneit oder ob die Sonne scheint.“

Während die zweite deutsche Starterin Barbara Wirth auf Platz 25 das Ziel erreichte („Das war fast ein Schwimmwettbewerb“), war Maria Höfl-Riesch gar nicht erst zum Riesenslalom angetreten. Ihr setzen noch die Folgen einer Erkältung zu. Da die Chancen auf einen Podestplatz in ihrer ungeliebten Disziplin ohnehin nicht allzu hoch gewesen wären, war es auch eine taktische Entscheidung mit Blick auf den abschließenden Slalom am Freitag. Sie twitterte ihrer erfolgreichen Kollegin: „Super Vicky! Cool gemacht! Gratulation!“

Mit der dritten Medaille bei diesen Winterspielen – Gold und Silber hatte Höfl-Riesch, 29, zuvor beigesteuert – hat der Deutsche Skiverband sein Soll bereits drei Wettbewerbe vor Ende der alpinen Wettkämpfe vorzeitig erfüllt. Die Erleichterung darüber, auch in Sotschi wieder Erfolge feiern zu können – in Vancouver waren es dreimal Gold –, ist den Trainern und Verantwortlichen anzusehen. „Wir haben bei diesen Spielen eine gute Vorstellung für Ski alpin geliefert“, resümierte Maier. Die Dinge „etwas lockerer angehen“, das sei jetzt möglich für die gesamte Mannschaft.

Viktoria Rebensburgs Eltern waren diesmal übrigens zu Hause geblieben. Vor vier Jahren, als der zweite Durchgang des Riesenslaloms in Vancouver wegen des Nebels um einen Tag verlegt werden musste, saßen sie schon im Flugzeug, als ihre Tochter noch zur Goldmedaille stürmte. „Die haben alles richtig gemacht“, sagte die Bronzemedaillengewinnerin von Sotschi. „Heute schifft es ja wie Sau.“