Curling-Tagebuch: Auch Niederlage gegen Russland. Verband denkt an Stützpunkt in Hamburg

Sotschi. Die genaue Ursachenanalyse folgt erst an diesem Dienstag, doch nach der 7:8-Niederlage zum Vorrundenabschluss des olympischen Curlingturniers gegen Russland gab es nichts mehr zu deuteln. „Wir stehen zu Recht da unten“, sagte Rainer Nittel, der Sportdirektor des Deutschen Curling -Verbandes (DCV). „Es ist eine Enttäuschung, dass wir hier schlechter gespielt haben als beim Olympiaqualifikationsturnier in Füssen.“

Nur ein Sieg (gegen die Schweiz) und acht Niederlagen stehen für das Hamburger Team um Skip John Jahr zu Buche. Damit schloss es als Zehnter und Letzter ab. Das ist weit, weit weniger, als sich die Hanseaten vorgenommen hatten. „Das war nicht unsere Woche. Wir haben schön mitgespielt, aber auch alle unter unseren Möglichkeiten gespielt“, sagte Jahr. „Du musst hier über 80 Prozent spielen. Wenn du nur 75 Prozent spielst, so wie wir, hast du keine Chance.“ Auch Christopher Bartsch war gründlich bedient. „Wir wollten auf keinen Fall mit der Roten Laterne hier wegfahren. Dafür schäme ich mich.“

Die Statistiken im Curlingsport sind ja gnadenlos. Für jeden einzelnen Spieler ist nachgewiesen, wie genau er die Steine gesetzt hat. Und diese Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache. Die Hamburger waren von allen Teams das schwächste, keiner brachte die Leistung von 2013. Bis auf das verkorkste Spiel gegen die USA haben die Hamburger zwar mit den Topteams der Welt immer gut mitgehalten, schafften es aber nicht, komplett fehlerlos zu spielen. „Das wird auf diesem Niveau natürlich bestraft“, sagte Bartsch. „Vielleicht lag es auch daran, dass wir unseren Leistungshöhepunkt mit der B-EM und dem Qualifikationsturnier im Dezember sehr früh setzen mussten.“ Vorwürfe an die Mannschaft gab es auch deshalb nicht. „Wir haben immer gesagt, dass schon die Olympiateilnahme eine sensationelle Leistung war“, sagte Nittel.

Bis zum Ende der Spiele will das Team in Sotschi bleiben und dann mit der gesamten deutschen Mannschaft am 24. Februar in einer Chartermaschine nach München zurückfliegen. Bis dahin haben sie die Gelegenheit, ihre unterdurchschnittliche Leistung auf dem Eis des „Ice Cubes“ zu verarbeiten. „Im Moment bin ich traurig, weil ich Olympia so nicht in positiver Erinnerung behalte“, sagte „Second“ Bartsch.

Die WM in Peking Ende März will die Mannschaft noch bestreiten, danach ist mindestens für den 48 Jahre alten John Jahr Schluss. Was sportlich für ihn neben der regelmäßigen Hobbyrunde im Club an der Hagenbeckstraße kommt, weiß er nicht. Ein finanzielles Engagement für die Deutsche Sporthilfe kann sich der millionenschwere Verlagserbe vorstellen: „Darüber kann man nachdenken.“

Auch der DCV schaut bereits in die Zukunft. „Die Frage ist, wie kann ich Johnny Jahr weiter einbinden“, sagte Nittel, „mit seiner Forderung nach mehr Förderung des Leistungssportes hat er eine Vorlage gegeben.“ Nittel denkt auch darüber nach, Curling in Hamburg zu einer Schwerpunktsportart zu erheben und einen Stützpunkt einzurichten: „Wir werden Gespräche mit dem Olympiastützpunkt, dem Innensenator und der Stiftung Leistungssport führen. Es ist ja schön, dass wir jetzt eine tolle Generation haben, aber mich interessiert jetzt schon, was wir in acht oder zwölf Jahren haben.“