Eine Glosse von Christian-A. Thiel

Besucher des Schwarzmeerbades Sotschi sonnen sich bei 19 Grad am Strand. Die Langläufer, die kilometerweit in der Loipe schwitzen müssen, schneiden sich selbst die langen Ärmel ab, damit sie wenigstens in luftigen Klamotten den milden Temperaturen trotzen können. Womöglich ahmen die Biathletinnen bald die Beachvolleyballspielerinnen nach und gehen im Bikini auf die Strecke. Nur die Eisläufer in den kühlen Hallen wissen nicht genau, um welche Jahreszeit es sich gerade handelt. Willkommen zu den Sommerspielen in Russland! Kalt sind hier nur noch die Getränke in den Bars. Sonnenbrille statt Mütze, kurze Hosen statt Schal – noch nie hatten sich olympische Wettkämpfe so sehr wie Urlaub angefühlt. Wer weiß, vielleicht rückt ja auch Wasserski noch ins Programm.

Inzwischen dämmert den Herren der Ringe, dass sie bei der Vergabe der Winterspiele doch ein wenig mehr Mut hätten zeigen können. Warum haben sie das teure Sportfest nicht gleich nach Katar vergeben? Wer seinen wüsten Staat komplett herunterkühlt, weil dort in acht Jahren eine Fußballweltmeisterschaft stattfinden soll, der wird ja wohl ein paar Pisten, Eiskanäle und Sprungschanzen in den Sand zaubern können. Strom genug für einen gigantischen Kühlschrank hätten sie ja.

So mild, wie sich dieser Winter im deutschen Norden gerade anlässt, müsste jetzt eigentlich auch bei Hamburgs verwegenen Olympiaplanern ein Umdenken einsetzen: Warum nicht Winterspiele in Hamburg? Olympia unter Palmen, das können wir auch.