Im dritten Rodelwettbewerb der Spiele in Sotschi holen die deutschen Doppelsitzer Wendl/Arlt das dritte Gold

Sotschi. Platz eins im inoffiziellen Rennen um den Spruch des Tages ging an Thomas Schwab. Immer diese Fragen nach der Dominanz Deutschlands in den Rodelwettbewerben – da muss ein Generalsekretär auch mal die Stimme erheben. „Die Langeweile“, dröhnte drum der Bayer Schwab zum Feierabend fröhlich, „die müssen wir uns hart erarbeiten!“

Drei von vier Wettbewerben im Rennrodeln sind seit Mittwoch im Sanki Sliding Centre in Krasnaja Poljana passé. In allen dreien gewannen Deutsche Gold, dazu holten sie einmal Silber. Den dritten Olympiasieg fuhren am Abend die Doppelsitzer Tobias Wendl/Tobias Arlt ein. Nach ihren zwei Läufen hatten sie 0,522 Sekunden Vorsprung vor den österreichischen Brüdern Andreas und Wolfgang Linger. Das ist vergleichsweise so deutlich wie ein 4:0 im Fußball. „Es wird zwei Tage dauern, bis wir das realisiert haben“, grinste Wendl. Ist das wohl doppelt so lange wie bei den Einsitzern?

Dass sie nicht nur ein besonders gutes, sondern ein besonderes Gespann sind, das haben „die beiden Tobis“, wie sie gerufen werden, in der Vergangenheit schon öfter nachgewiesen. Einerseits auf ihrem 30 Kilo schweren Schlitten, auf dem sie 2013 Weltmeister wurden, 2013 und 2014 zudem den Gesamtweltcup holten. Andererseits abseits der Rinne, wo der Bundespolizist Arlt und der Sportsoldat Wendl dicke Freunde sind.

Dass der eigene Rodelpartner etwa Patenonkel von Arlts im Dezember geborener Tochter Sophia wird, ist ja nicht unbedingt selbstverständlich. Beide verbringen so viel Zeit miteinander wie ein altes Ehepaar, witzeln sie manchmal. Vielleicht sogar mehr.

Dass sie gemeinsam als Doppelsitzer antreten und nicht einzeln, haben beide im Grunde Norbert Loch zu verdanken. Als sie zwölf Jahre alt waren, ließ der damalige bayerische Landestrainer Loch die talentierten Jungs erstmals gemeinsam und nicht länger gegeneinander fahren. Das Duo harmonierte rasch, günstig fügte sich, dass Wendl und Arlt größenmäßig perfekt zueinander passen. Arlt misst 1,78 Meter, auf dem Schlitten liegt er unter dem 1,84 Meter großen, um einige Kilo schwereren Wendl, der die Rolle des Steuermanns innehat.

Nicht vergessen werden sollte, dass es beileibe nicht immer so rosig lief für Wendl und Arlt. Bei der WM 2011 in Cesana etwa havarierten sie als Favoriten im ersten Lauf, im Jahr darauf in Altenberg belegten sie mit abermaligem Favoritenstatus ausgestattet nur Rang vier. Die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2010 in Vancouver hatten sie verpasst. Fast paradox klingt es, wenn Cheftrainer Loch heute sagt: „Gerade das hat ihnen geholfen, das hat sie mental stark aufgebaut.“

Oben an der Bahn wippte während Wendls und Arlts Siegerehrung ihr Berchtesgadener Trainingskumpan Felix Loch grinsend auf den Fußballen, der Stolz drang ihm aus allen Poren. „Mit dreimal Gold haben wir eine perfekte Saison gekrönt“, jubelte der Olympiasieger, der wie die beiden Doppelsitzer und wie Natalie Geisenberger den Gesamtweltcup gewonnen hat in diesem Winter. „Silber ist wie Gold für uns, weil die Nummer eins zu schnell war“, erklärte der unterlegene Andreas Linger in ein wenig verquerer Logik die Niederlage. Sollte wohl heißen: Silber ist quasi das Gold der nicht deutschen Rodler.

Einen Anflug von Grimm ließ Norbert Loch erkennen, angesprochen auf die augenscheinliche Dauerdominanz seiner Sportler. „Die Österreicher waren jahrelang mit den Skifahrerinnen vorn oder mit den Skispringern. Da hat nie einer was gesagt!“, bemerkte er. „Das hat man mal, solche Jahre. In drei, vier Jahren kommt vielleicht mal eine andere Nation.“ Fast klang es, als würde er sich darüber freuen.

Dass sich keine Bequemlichkeit einstellt im Lager der Erfolgsverwöhnten, dafür sorgen nicht nur die Trainer. Sondern auch die deutschen Rodler untereinander. „Wenn einer im Training nur mal ein bisschen schwächelt“ – an dieser Stelle hält Norbert Loch Daumen und Zeigefinger einen Spalt breit auseinander – „dann kriegt er von seinem Trainingskollegen eins hinten drauf.“

Auf Donnerstag freut sich die Berchtesgadener Goldtruppe zum Abschluss übrigens besonders. Am Abend findet die olympische Teamstaffel statt (17.15 Uhr). Dabei starten je ein weiblicher und ein männlicher Rennrodler und ein Doppelsitzer-Paar. Sie fahren nacheinander die Bahn herunter, das Startsignal wird durch eine Wechselklappe im Zielbereich von den Athleten selbst ausgelöst. Die Mannschaft mit der geringsten Gesamtzeit gewinnt.

Die Idee für den Wettbewerb liegt schon mehr als zehn Jahre zurück, sie wurde in den Folgejahren immer wieder modifiziert. Bei der WM 2011 erlebte der Weltverband ein Debakel, als ausgerechnet kurz vor der Entscheidung über die Aufnahme des Wettbewerbs ins Olympiaprogramm eine technische Panne für einen Abbruch der Teamstaffel sorgte. Doch eine Woche später im lettischen Sigulda funktionierte die Technik wieder einwandfrei. Auch in Sotschi soll das so sein. „Es wird nach menschlichem Ermessen keine Probleme geben“, sagte Weltverbands-Präsident Josef Fendt.

Für Deutschland nehmen am Donnerstag teil: der Olympiasieger Loch, die Olympiasiegerin Geisenberger, die Olympiasieger Wendl/Arlt. Verbandspräsident Andreas Trautvetter raunte: „Die Staffel wird nicht einfach!“ Es wurde viel und laut gelacht an diesem Abend an der Eisrinne von Sotschi.