Olympia-Tagebuch: Nach der „wahnsinnigen“ Eröffnungsfeier beginnt für Hamburgs Curler in Sotschi der Wettkampf gegen Kanada

Sotschi. An diesem Montag, schon um 6 Uhr deutscher Zeit, sollte es endlich mit dem Sport losgehen. Kanada ist der Gegner im ersten Vorrundenspiel für das Hamburger Curlingteam bei den Olympischen Spielen in Sotschi. Die Kanadier sind Vollprofis und neben Norwegen die Topfavoriten auf die Goldmedaille. „Für uns wird hier jedes Spiel hart“, sagt Christopher Bartsch, „aber gegen Kanada wird es bestimmt noch härter.“

Bartsch, Skip John Jahr, Felix Schulze, Sven Goldemann und Peter Rickmers vom Curling-Club Hamburg starten als erste Mannschaft aus der Hansestadt überhaupt beim bedeutendsten Wintersportereignis der Welt. Für das Abendblatt teilt „Second“ Bartsch regelmäßig seine Eindrücke von den Spielen und gibt Einblicke in das Athletenleben.

„Vielleicht ist es besser, Kanada im ersten Spiel zu haben als später“, sagt Bartsch. „Die stehen unter extremem Erfolgsdruck und müssen sich auch erst an die Halle und die Steine gewöhnen.“ Am Sonnabend und Sonntag haben die Hamburger Trainingseinheiten in der 3000 Zuschauer fassenden Halle mitten im Olympiazentrum unten am Schwarzen Meer absolviert.

Sie mussten das Eis kennenlernen („Sehr fair, sehr gleichmäßig) und die Steine. „Die waren erst einmal vor einem Jahr im Einsatz und wurden jetzt frisch geschliffen“, erklärt Bartsch. „Sie sind noch langsam und verlieren schnell an Rotation.“ Um wirklich die Besonderheit jedes einzelnen einschätzen zu können, schoben sie alle Steine mit der immer exakt gleichen Geschwindigkeit über das Eis. Jeder noch so marginale Unterschied im Laufverhalten ist wichtig. Entsprechend groß war die Akribie in der Vorbereitung.

Dass sie schon nach dem Training in der Mixed-Zone Interviews geben mussten, war für die Hamburger Randsportler natürlich neu und ungewohnt. Wie auch die zahlreichen Formalitäten bei Olympischen Spielen. Das sei schon sehr streng, meint Bartsch: „Die Schiedsrichter kontrollieren genau, was du anhast.“ Am Sonnabend bemängelten offizielle Aufpasser, dass die Gürtel ihrer Spielkleidung nicht einheitlich waren. Sonntag mussten sie ein Fabrikantenlogo auf den Curling-Schuhen abkleben, weil es nicht den Richtlinien entsprach.

„Am Sonntag hatten wir auch noch ein Briefing mit dem DOSB. Es ging um Sicherheitsfragen und um Dopingrichtlinien. Man muss ständig angeben, wo man ist“, erzählt Bartsch. Und es ging auch um die Möglichkeit, Karten für andere Events zu besorgen. Denn Olympia ist ja mehr als nur die Konzentration auf die eigene Sportart. Am Sonntag beispielsweise schauten die Hamburger der Eisschnellläuferin Claudia Pechstein beim 3000-Meter-Rennen zu.

Schön ist natürlich auch der Besuch der Familien, die bei den ersten beiden Partien am Montag und Dienstag gegen Großbritannien ihre Männer in der Halle unterstützen werden. Sonnabend haben sie in Sotschis Stadtteil Adler, wo auch das Olympiazentrum steht, zusammen zu Abend gegessen, auch die Kinder waren dabei. Dabei konnten sie ihren Liebsten von der Eröffnungsfeier vorschwärmen.

Denn diese Supershow am Freitag, die hatte sie doch alle tief beeindruckt. „Das war ein absolutes Highlight, es war unglaublich ergreifend, eine total gelungene Feier, der echte Wahnsinn“, schwärmt Bartsch auch noch zwei Tage danach: „Die Stimmung in der deutschen Mannschaft war sensationell, alle waren aufgeputscht. Und dann geht man raus ins Stadion. Das macht man wahrscheinlich nur einmal im Leben. Das werde ich nie vergessen.“