Die deutschen Medaillenhoffnungen enttäuschen im ersten Skisprungwettbewerb. Stoch holt Gold

Sotschi. Nach der bitteren olympischen Bruchlandung verließ Severin Freund mit einem gequälten Lächeln das Russki-Gorki-Skistadion. Am Fuße der kaukasischen Berge ist der Medaillentraum des besten deutschen Skispringers am Sonntag auf dramatische Weise geplatzt. Beim Goldtriumph des Polen Kamil Stoch erlebte Freund mit dem Sturz im ersten Durchgang die schwärzeste Stunde seiner Karriere: „Das ist extrem bitter und frustrierend. Zum Glück ist nichts passiert. Mir geht es körperlich gut.“

Stoch flog auf 105,5 und 103,5 Meter und gewann das erste Skisprunggold für Polen seit Wojciech Fortuna 1972. Selbst Adam Malysz war nie über Silber hinausgekommen. Hinter Stoch freuten sich der Slowene Peter Prevc und Anders Bardal aus Norwegen über Silber und Bronze. Andreas Wellinger sprang im Finale noch um acht Plätze vor. „Ein sechster Platz bei meinen ersten Olympischen Spielen ist grandios“, freute sich der 18-Jährige. Seine Platzierung konnte die Fruststimmung im Team des Deutschen Skiverbands aber auch nicht mehr vertreiben. „Es ist nicht viel zusammengelaufen“, stellte Bundestrainer Werner Schuster enttäuscht fest.

Das galt vor allem für Freund, der sogar als Goldanwärter gehandelt worden war. „Ich bin in der Form, in der ich hier sein wollte“, hatte der WM-Vierte am Vortag noch zuversichtlich verkündet. Doch dann riss es ihn nach der Landung bei 99,5 Meter unsanft in den Schnee. „Der Sprung war nicht so gut. Ich habe versucht, alles rauszuholen, und dabei den Schwerpunkt zu weit nach vorne gelegt“, schilderte der 25-Jährige sein Missgeschick. Die 93,5 Meter im Finale hakte er schnell ab: „Das war unter Stress. Ich hatte keine Einstellung mehr.“

Alfons Hörmann fand tröstende Worte für den gestrauchelten Mitfavoriten. „Das ist natürlich ein kleiner Schock, den das Team erst einmal verdauen muss. Aber sie werden es wegstecken“, sagte der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes. Freund versprach: „Ich bin schon oft hingefallen, aber noch öfter wieder aufgestanden. Ich werde den Kopf nicht in den Sand stecken.“ Immerhin hatte der 25-Jährige noch Glück im Unglück: „Ich bin unverletzt und merke gar nichts von dem Sturz.“

Konnte man Freunds Ausfall noch als Pech ansehen, sorgte der Absturz von Richard Freitag für betretene Mienen. „Er hatte einen fantastischen Sprung, den er abgebrochen hat. Er ist ziemlich deprimiert“, sagte Schuster. „Das war ein sauberer Kachler und einfach Unvermögen“, räumte der 22 Jahre alte Sachse nach der verpatzten Landung bei 100,5 Meter im ersten Versuch ein. Der Coach hatte seinen Schützlingen auf den Weg gegeben, die Balance zu finden und nicht zu übertouren.

Doch als es darauf ankam, versagten die Nerven. Das galt auch für Andreas Wank, der zur Halbzeit als Fünfter an einer Medaille zu schnuppern schien. 97 Meter im Finale waren jedoch viel zu wenig für diesen Anspruch und reichten am Ende nur zum zehnten Platz.

Auf der Großschanze entbrennt der Kampf um die Startplätze von Neuem

Doch nicht nur die DSV-Adler wurden gerupft, denn auch die Österreicher gingen leer aus. Vierschanzentourneesieger Thomas Diethart wurde Vierter, Michael Hayböck Fünfter. Völlig von der Rolle war Gregor Schlierenzauer, der nach seinem elften Platz mit Tränen in den Augen die Anlage verließ. Nur als Zuschauer dabei war Marinus Kraus (Oberaudorf). Der 22-Jährige hatte im Training das interne Duell um den vierten deutschen Startplatz gegen Wank verloren und muss nun auf die Entscheidung auf der Großschanze am 15. Februar hoffen. „Der Kampf um einen Platz in der Mannschaft geht wieder bei null los“, sagte Schuster.

Kurzfristig passen musste Skiflug-Weltmeister Robert Kranjec. Der Slowene war in der Qualifikation gestürzt und hatte sich eine Knieverletzung zugezogen, hofft aber noch auf einen Einsatz von der Großschanze. Nicht den Sprung unter die besten 50 Athleten hatte zudem der im Allgäu aufgewachsene Nico Polychronidis geschafft, der als erster griechischer Skispringer bei Olympia am Start ist.