Sechs junge Frauen wollen Tischfußball in Hamburg als Leistungssport etablieren. Ihren Team-Namen „Hamburg Piranhas“ haben sie ganz bewusst gewählt.

Hamburg. Piranhas sehen recht harmlos aus. Diese Raubfische haben aber messerscharfe Zähnchen und fallen bevorzugt im Schwarm über ihre Beute her. Die Tischfußballerinnen der neu gegründeten „Hamburg Piranhas“ haben ihren Namen bewusst gewählt – mit Biss spielten sie sich im Januar ungeschlagen durch die Relegation in die Zweite Liga. „Ich habe beobachtet, wie bösartig sie ihre Gegnerinnen abschlachten“, schwärmt Klaus Gottesleben, Präsident des Deutschen Tischfußballverbands (DTFB). Er ist an diesem Abend auf Stippvisite im Kixx, Hamburgs Bundesleistungszentrum für Kickern auf St. Pauli. Im Keller trainieren mal wieder fleißig die sechs „Piranhas“.

Was sie selbst zu ihrem Namen sagen? „Wir wollten damit unseren Ehrgeiz betonen. Das ist für uns Leistungssport“, meint Kapitänin Maria Pader, 23. Sie arbeitet in einer Mediaagentur. „Kiezmiezen zum Beispiel wäre uns zu unprofessionell gewesen“, erklärt Co-Kapitänin Dr. Eva-Katrin Dorothea Mucke, 34, eine Gymnasiallehrerin.

Während die beiden erzählen, sind die anderen vier schon an einem Profi-Tisch in Action – alle in schwarzen Trikots. Als Erfrischung steht nur Bio-Apfelschorle bereit. Nina Ruthe, 28, und Maura Porrmann, 23, tragen Golf-Handschuhe. Katharina Vierk, 27, hat Griffbänder – wie beim Tennis – um ihre Stangenenden gewickelt. Nur Sabine Brose, 35, Vertriebsassistentin, trainiert mit bloßen Händen. Sie ist der Star im Team. Die mehrfache Welt- und deutsche Meisterin zeigt mal eben die Schusstechniken: Pin-Shot (Abroller), Snake-Shot (Jet), Pull-Shot (Zieher), Push-Shot (Schieber). „Bines“ Geschleuder und Gezwirbel ist für den Laien blitzschnell und kaum zu kapieren.

Jede hat ihren Lieblingsschuss und ihre Paradeposition. „Alle Frauen sind gut an der Torwartpuppe, weil sie immer dahin gestellt werden, wenn sie mit Männern spielen“, sagt Maria Pader. Damen kickern in Deutschland noch eklatant in der Unterzahl. Laut DTFB-Präsident Gottesleben sind von den bundesweit 6527 gemeldeten Aktiven etwa zehn Prozent Frauen: „Tendenz steigend!“ Kixx-Betreiber Rikko Tuitjer, 38, zugleich Hamburgs Verbandschef, setzt sich für den weiblichen Nachwuchs ein: „Leistungszentren machen es Mädels einfacher. Da sinkt die Hemmschwelle.“ Tuitjer veranstaltet immer donnerstags Damentraining. Dann haben Männer im Keller keinen Zutritt, abgesehen von den Coaches.

Die Piranhas trainieren zweimal pro Woche bis zu drei Stunden. Oft 50 Mal denselben Schuss. Drei der Frauen üben am eigenen Tisch daheim weiter. „Wir hatten sogar einen Extra-Raum. Bis unsere Tochter kam“, erzählt „Bine“ Brose, die die Kicker-Größe Björn Brose geheiratet hat. Im Team ist sie die einzige mit nennenswerten Preisgeldern. „1000 Euro war mein größter Scheck. Reich werden kann man vom Kickern nur in den USA, dort da gibt es 100.000-Dollar-Turniere.“ Eine andere erzählt, dass ihr höchstes Preisgeld – fünf Euro – für Zigaretten draufging.

Das Ziel ist klar: In der Hinrunde am 8./9. März in Medebach und in der Rückrunde am 26./27. Juli in Hennef soll der Durchmarsch in die Bundesliga gelingen. Wer sich da ein Kneipengelage vorstellt, irrt. Beim Turnier herrschen Sportkleidungspflicht und Alkoholverbot. Von Finals im Kixx stellt Tuitjer Livestreams samt Kommentator-Fachsimpelei ins Netz. Es geht im Einzel und Doppel über drei Gewinn-Sätze. Wenn eine an ihren „Puppen“ kurbelt: Ballbesitz für die andere! Psychospielchen sind an der Tagesordnung. Im Match gilt Redeverbot. Manchmal wird gemurmelt, wenn eine ein unsauberes Tor („Ei“) schießt. Manche stecken sich Kopfhörer mit Musik ins Ohr, während der 30-sekündigen Timeouts oder gar das ganz Spiel über. Co-Kapitänin Mucke meint mit düsterer Miene: „Es reichen schon Blicke.“