Das Wunschziel der deutschen Mannschaft bei den Winterspielen sind 30 Medaillen – welche Athleten haben die besten Chancen?

Krasnaja Poljana. Die Stimmung war so wie das Wetter: sonnig-heiter. Nach dem ersten Olympiatraining schwärmten die Biathletinnen um Andrea Henkel von perfekten Bedingungen: „Die Strecken sind total cool, der Schießstand auch.“ Am Sonntag beim Sprint über die 7,5 Kilometer soll es die ersten Medaillen für das deutsche Team geben. „Die Begeisterung und die Vorfreude der Athleten ist spürbar“, sagte Chef de Mission Michael Vesper am Mittwoch auf der Auftakt-Pressekonferenz im noch unfertigen „Wohnzimmer des deutschen Sports“ in Krasnaja Poljana. Kurz vor der Eröffnungsfeier der Winterspiele am Freitag war der Optimismus groß. „In der Mannschaft steckt viel Potenzial“, erklärte Bernhard Schwank, der Leistungssportdirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB).

Das Wunschziel des DOSB sind 30 Medaillen (10 Gold/13 Silber/7 Bronze) wie vor vier Jahren in Vancouver, wo nur Gastgeber Kanada mehr Gold sammelte und einzig die USA insgesamt noch mehr Edelmetall holten. Der mit den Fachverbänden für Sotschi ermittelte Zielkorridor liegt zwischen 27 und 42 Medaillen. „Wir wollen auf einem der drei ersten Plätze des Medaillenspiegels landen“, erklärte Vesper. Bis zu diesem Donnerstag werden 130 der 153 Athleten in der Olympia-Region eingetroffen sein. In der nächsten Woche kommt die Nachhut mit Slalom-Goldhoffnung Felix Neureuther.

Härteste Rivalen im Kampf um das Prädikat „Beste olympische Wintersport-Nation“ sind Kanada, die USA, Norwegen und Gastgeber Russland. „Die Konkurrenz hat massiv aufgeholt, auch in den traditionellen Sportarten“, sagte Vesper. „Deshalb sind 30 Medaillen ein ehrgeiziges Ziel.“ Große Hoffnungen setzt der DOSB vor allem auf die Biathleten, Rodler und Nordischen Kombinierer. „Da wollen wir ein entscheidendes Wörtchen mitreden“, sagte Schwank vor allem mit Blick auf die Rodler, die zuletzt im Weltcup alles abgeräumt haben.

In welchen Disziplinen die Deutschen auf dem Treppchen landen könnten – die Übersicht.

Biathlon: Andrea Henkel, 36, die einzige Skijägerin mit Olympiaerfahrung, gilt im Sprint als gesetzt und hat auch im Massenstart Chancen. Mit 33 Jahren erstmals als Biathletin dabei ist Evi Sachenbacher-Stehle, die 2002 in Salt Lake City mit der Langlaufstaffel Gold gewann. Keine Geringere als Magdalena Neuner glaubt an die Umsteigerin: „Sie hat das Potenzial, auf dem Podest zu landen.“ Gute Medaillenchancen haben sowohl die Damen- als auch die Herren- und die Mixedstaffel. Bei den Männern könnten Simon Schempp und Arnd Pfeiffer ihre Stärke ausspielen. Abendblatt-Prognose: 3 x Silber, 1 x Bronze.

Rodeln: Läuft alles glatt, landen die deutschen Athleten viermal auf Platz eins. Im Einsitzer sind Natalie Geisenberger und Felix Loch favorisiert, im Doppelsitzer zählt für Tobias Arlt und Tobias Wendl nur Gold, genau für die zum ersten Mal ausgetragene Teamstaffel. Gute Platzierungen sind auch von Tatjana Hüfner und David Möller zu erwarten. Prognose: 4 x Gold, 2 x Silber.

Skispringen: Allenfalls im Teamwettbewerb könnten die deutschen Adler, die bei der Vierschanzentournee enttäuschten, für eine Überraschung sorgen, Andreas Wellinger wird auf der Großschanze ein Medaillenrang zugetraut. Bei der Olympia-Premiere der Damen gilt Caren Vogt, die in dieser Saison bereits einige Podestplätze schaffte, als Kandidatin für eine Medaille. Prognose: 1 x Silber, 2x Bronze.

Ski alpin: Maria Höfl-Riesch, Doppel-Olympiasiegerin 2010, stand in diesem Winter in vier Disziplinen auf dem Stockerl, gehört in Abfahrt, Super-G, Slalom und Super-Kombination zu den Medaillenkandidatinnen. Felix Neureuther, er tritt im Slalom und Riesenslalom an, scheint ebenfalls in Form. Prognose: 1 x Gold, 1 x Silber, 1 x Bronze.

Skilanglauf: Bei den Damen ruhen die Hoffnungen auf den Sprintern Josef Wenzl und Denise Herrmann, die auch im Teamsprint mit Katrin Zeller unter den Top drei landen könnte. Prognose: 1x Silber, 1 x Bronze.

Nordische Kombination: Der Kominierer-Überflieger auch in dieser Saison heißt Eric Frenzel, der Weltmeister von 2011 und 2013. Auf der Groß- und auch der Normalschanze gilt der Weltcupführende als Goldgarant. Tino Edelmann und Björn Kircheisen können ebenfalls vorn dabei sein – beste Aussichten also für die Teamwettbewerbe. Prognose: 1 x Gold, 2 x Silber, 1 x Bronze.

Eiskunstlauf: Vor vier Jahren in Vancouver gewannen Aljona Savchenko und Robin Szolkowy Bronze, ein Platz unter den Top drei ist sicher drin, die Weltmeister Tatjana Wolossoschar und Maxim Trankow aus Russland sind aber nicht zu schlagen. Prognose: 1 x Silber.

Eisschnelllauf: Claudia Pechstein, 41, die in Sotschi ihre sechsten Spiele bestreitet, hofft vor allem über 3000 Meter auf eine Medaille, auch über 5000 Meter ist sie nicht chancenlos. Jenny Wolf, 35, könnte sich über 500 Meter Platz drei sichern. Prognose: 2 x Bronze.

Bob: Erreicht sie ihre Leistungsgrenze, gilt Sandra Kiriasis als Goldkandidatin. Im Vierer ist für Maximilian Arndt, den Führenden im Weltcup, mindestens Silber drin, im Zweier-Wettbewerb konkurriert er mit Thomas Florschütz. Prognose: 1 x Gold, 1 x Silber, 1 x Bronze.

Snowboard: Isabella Laböck wird im Parallel-Riesenslalom eine Topplatzierung zugetraut, aber auch Amelie Kober oder Anke Karstens könnten positiv überraschen. Aussichtsreich bei den Männern ins Rennen gehen David Speiser und Konstantin Schad. Prognose: 1 x Bronze.

Ski Freestyle: Bei der Premiere des Slopestyle-Wettbewerbs kann Bene Mayr mit einem optimalen Lauf eine Medaille holen – genau wie Lisa Zimmermann. Prognose: 1 x Bronze.

Curling: Für das Team des Hamburgers John Jahr gilt: Dabei sein ist alles, genau wie für die Eishockey-Damen sowie die Teilnehmer in den Disziplinen Skeleton und Shorttrack.