Ein Kommentar von Christian-A. Thiel

Roger Federer wird im Sommer 33 Jahre alt. Der Schweizer Tennisspieler hat in seinem Sport alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Nun aber, im Spätherbst seiner Karriere, haben viele sogenannte Experten den Vorzeigeprofi am Ende seiner Karriere gesehen: Ein sympathischer Mensch, den man gern noch zu Turnieren einlädt, der auch bei Grand-Slam-Wettbewerben ein paar Runden gewinnen darf, der dann aber die Bühne für die neuen Stars der Szene räumen muss.

Schön gedacht, aber leider falsch. Wie Federer am Mittwoch bei den Australian Open in vier Sätzen über den Schotten Andy Murray triumphierte, erinnerte an seine besten Zeiten, zu denen er die Rekordzahl von 17 Grand-Slam-Titeln gewann.

Dieser Mann hat neue Freude an seinem geliebten Sport gefunden. Er ist gesund, hat einen neuen Schläger, der sein Spiel beflügelt, und einen neuen Berater (Stefan Edberg), der perfekt ins Team passt und kein Selbstdarsteller ist – und er hat Erfolg.

Das heißt nicht, dass Federer nun am Freitag auch gegen den übermenschlich starken Branchenprimus Rafael Nadal gewinnen muss, wie es Boris Becker voreilig prophezeit hat. Trotzdem: Vor der Leistung des Altmeisters, der in einem starken Feld nicht von den Schwächen der Gegner, sondern von den eigenen Stärken lebt, muss man den Hut ziehen.

Am wichtigsten aber: Federer ist in einer komfortablen Situation. In dieser Form kann er jederzeit selbst bestimmen, wann er den Tennisplatz für immer verlässt. Womöglich würde ihm ein weiterer großer Titel, den ihm niemand mehr zugetraut hat, bei der Entscheidung helfen. Alles Roger!