Die Hockeyspielerin des Uhlenhorster HC will mit dem Club zwei deutsche Meistertitel gewinnen und mit dem deutschen A-Kader die Hallen-EM und die Feld-WM spielen

Hamburg. Neulich hat Julia Dudorov ihre Mitspielerinnen für verrückt gehalten. Nach dem Aufwachen hatte sie drei Glückwunsch-SMS auf ihrem Handy, und es wurden immer mehr. Als sie sich noch fragte, ob es möglich sei, dass so viele Menschen ihren Geburtstag falsch im Kalender eingetragen haben, fand sie in ihrem E-Mail-Eingang den Grund für die Botschaften. Bundestrainer Jamilon Mülders hatte die 20-Jährige vom Uhlenhorster HC für die Hallenhockey-EM nominiert, die vom 24. bis 26. Januar in Tschechiens Hauptstadt Prag stattfindet. Es ist Dudorovs erstes Turnier mit dem deutschen A-Kader, Glückwünsche sind also berechtigt; vor allem, wenn man weiß, dass harte Monate hinter ihr liegen.

Im Sommer vergangenen Jahres war die Offensivspielerin aus dem Kader für die U21-WM in Mönchengladbach gestrichen worden, was so manchen Experten verwunderte angesichts der starken Leistungen, die sie im „Uhlen“-Dress abgeliefert hatte. Im Herbst wurde die nahe Wolgograd geborene Tochter eines Russen und einer Deutschrussin, die mit zweieinhalb Jahren nach Deutschland gekommen war, von Verletzungen ebenso zurückgeworfen wie von der achtwöchigen Grundausbildung bei der Bundeswehr in Hannover, wo sie sich zwölf Monate als Sportsoldatin verpflichtet hat. In diese Zeit fiel auch die Trennung ihrer Eltern, die sie mental belastete. Und als dann Anfang Dezember die Hallensaison startete, wurde sie von einem schweren grippalen Infekt gestoppt.

Insofern hat Julia Dudorov, die temporär zu ihrer Mutter nach Rönneburg gezogen ist, den Jahreswechsel als Neustart betrachtet. 2014 soll ihr Jahr werden, die EM-Nominierung nur der Startschuss sein für eine große Saison. An diesem Wochenende will sie mit den UHC-Damen mit Siegen beim Klipper THC (Sa., 15 Uhr, Eckerkamp) und gegen den Harvestehuder THC (So., 12 Uhr, Wesselblek) die Qualifikation fürs Viertelfinale um die deutsche Hallenmeisterschaft schaffen. Die Endrunde am 8./9. Februar in der Sporthalle Hamburg ist ein ebenso wichtiges Ziel wie das Final Four im Feld, das am 3./4. Mai ebenfalls in Hamburg ausgetragen wird. Und im Juni lockt die WM in den Niederlanden, Dudorov ist für die Vorbereitungslehrgänge eingeplant. „Natürlich träume ich davon, den Sprung in den Kader zu schaffen“, sagt sie.

Dass die Erfüllung von Träumen mit harter Arbeit verbunden ist, das hat die drahtige Athletin verinnerlicht, seit sie als Achtjährige in Heimfeld mit dem Hockeyspielen begann. Vom Balkon der elterlichen Wohnung konnte sie den Platz sehen, und um die Tricks der Jungs zu lernen, denen sie in jeder freien Minute zuschaute, übte sie oft stundenlang. „Ich habe erst aufgehört, als ich es konnte“, sagt sie. Die damals erworbenen technischen Fertigkeiten heben sie heute von der Masse der Bundesligaspielerinnen ab, allerdings muss sie noch lernen, das richtige Maß an Risiko zu wählen. „Wenn ein Trick klappt, werde ich gefeiert. Wenn er misslingt, bekomme ich zu Recht einen Einlauf. Ich muss lernen, die Spielsituationen besser abzuwägen“, sagt sie. „‚Dude‘ hat sich viel vorgenommen und es bislang sehr gut umgesetzt. Bleibt sie fit, wird sie sich sehr gut entwickeln“, sagt UHC-Trainer Claas Henkel.

Durch den Schritt zur Bundeswehr hat Julia Dudorov, die ihr Abitur 2012 an der Eliteschule des Sports am Alten Teichweg machte, die Möglichkeit, sich bis zur WM komplett auf den Sport zu konzentrieren. Wenn sie nach zwölf Monaten noch immer Kaderstatus hat, will sie sich weiterverpflichten, zudem ein Studium der Bewegungswissenschaften beginnen. Der Fokus soll aber auf dem Sport liegen. „Ich habe durch die Rückschläge riesige Lust auf Hockey und werde alles tun, mich richtig zu verbessern“, sagt sie. Gelingt ihr das, dürften die nächsten Glückwunsch-SMS nicht überraschend kommen.