Der erst 21-jährige Skiflieger Thomas Diethart gewinnt auch das Springen in Bischofshofen und erfüllt sich seinen Traum vom Tourneesieg. Deutsche Skispringer enttäuschen.

Bischofshofen. Der Papa hielt es nicht mehr aus. Gernot Diethart stand inmitten jubelnder Skisprungfans und weinte. Er hatte sogar Beruhigungstabletten geschluckt, um diesen letzten Tag der Vierschanzentournee in Bischofshofen auszuhalten. „Wenn ich die Familie nicht um mich hätte, wäre ich wieder nach Hause gefahren“, sagte er. Bis vor gut einer Woche noch hatte die Skisprungwelt von seinem Sohn kaum Notiz genommen. Jetzt stand Thomas Diethart ungläubig im Auslauf, als sein Teamkollege Thomas Morgenstern auf ihn zurannte. Das rosa Plüschschwein unter der Winterjacke seines Vaters hatte Diethart junior als Glücksbringer zur Perfektion getrieben.

Seinem Sohn ist der ganz große Coup gelungen. Der 21 Jahre alte Niederösterreicher flog bei seiner ersten kompletten Vierschanzentournee allen Favoriten davon und triumphierte mit großem Vorsprung vor den Olympiasiegern Morgenstern und Simon Ammann (Schweiz). „Es ist so geil! Der Wahnsinn. Mein Kindheitstraum ist wahr geworden“, sagte der neue Skisprungstar.

Cool wie ein Routinier und unbekümmert wie der Neuling, der er tatsächlich ist, wehrte er in Bischofshofen die Angriffe der Konkurrenz ab und machte mit dem Tagessieg auch in der Gesamtwertung alles klar. Damit gewann zum sechsten Mal in Folge ein Österreicher die Vierschanzentournee. „Thomas ist ein würdiger Sieger“, sagte Morgenstern, der hinter dem Slowenen Peter Prevc in Bischofshofen auf Platz zwei landete. Von null auf den Tourneethron – vor 23.000 Skifans erfüllte sich das Märchen des Thomas Diethart.

Weniger blendend lief es bei den Deutschen. Sie schafften auch beim vierten Tourneespringen nicht die Wende, ihre Bilanz bleibt enttäuschend. Bester Deutscher in der Tageswertung war Andreas Wellinger auf Rang neun. Severin Freund wurde Zehnter, Marinus Kraus kam auf Platz 15. Für Wellinger reichte es noch zu Platz zehn in der Gesamtwertung vor Michael Neumayer. „Es ist keinem gelungen, sich freizuspringen“, bilanzierte Bundestrainer Werner Schuster. „Wir haben Deutschland nicht so repräsentiert, wie wir es wollten. Das ist enttäuschend.“

Dietharts Aufstieg vom Nobody zum umjubelten Sieger der Vierschanzentournee erinnert ein bisschen an die Geschichte des Norwegers Anders Jacobsen. Auch er war 21 Jahre alt, auch er sprang seine erste vollständige Vierschanzentournee, als er im Winter 2006/2007 kometenhaft in die Weltelite vorstieß und die Traditionsveranstaltung gewann.

In der Regel braucht es eine Menge Erfahrung, um viermal dem Druck bei der Tournee standzuhalten. Selbst Gregor Schlierenzauer, einer der besten Springer aller Zeiten, brauchte sechs Versuche, bis er sich endlich seinen Kindheitstraum erfüllte.

Diethart aber ließ sich durch nichts von seinem Weg abbringen. „Ich kann doch nur gewinnen“, sagte der Österreicher kurz vor dem Wettkampf. „Ich habe wirklich ruhig geschlafen.“ Ganz im Gegensatz zu seinem Vater.