Eine Glosse von Florian Heil

Neulich gab es bei uns zu Hause ein großes Fest, da meine Frau dreimal hintereinander die Dartscheibe getroffen hat. Inspiriert zu dieser Glanzleistung wurde sie vom ersten Weltmeister des neuen Jahres: Michael van Gerwen heißt er und ist mit 24 Jahren jüngster Titelträger des Dartsports aller Zeiten. Der gebürtige Niederländer hat sich am Mittwochabend mit äußerster Präzision in die Herzen der Fernsehzuschauer geworfen. 560.000 Menschen, mehr als doppelt so viele wie bei den meisten Spielen der Handball-Bundesliga, sahen zu, wie der Emporkömmling Pfeile aus 2,37 Meter Entfernung immer wieder auf ein acht Millimeter breites Feld, die „Triple 20“, warf und seinen schottischen Gegner Peter Wright so mit 7:4 Sätzen in die Schranken wies. Umgerechnet knapp 300.000 Euro erhielt van Gerwen für diesen Erfolg – wohlgemerkt in einer eher im Kneipensport angesiedelten Beschäftigung.

Eigentlich gibt es ja nur wenig Langweiligeres, als meist dickbäuchigen „Sportlern“ mit fragwürdigen Frisuren dabei zuzuschauen, wie sie den immer gleichen Wurf ansetzen. Wenn einer von ihnen mit drei Versuchen in Folge die Maximalpunktzahl von 180 Punkten erreicht, überschlägt sich die Stimme des Ansagers förmlich, und das in der Regel verkleidete und volltrunkene Publikum dreht völlig durch. Irgendwas Faszinierendes muss dieses fremdartige Ereignis also haben, auch wenn es sich nicht jedem auf Anhieb erschließt. Meine Dartscheibe liegt nach diesem kurzen Intermezzo wieder im Keller und musste dem Kickertisch weichen. Das nächste Fest wird kommen, sobald die Gattin dort das erste Tor erzielt.