In Oberstdorf gibt Skisprung-Exot „Eddie the Eagle“ sein umjubeltes Comeback – und landet nach viereinhalb Metern

Oberstdorf. „Eddie the Eagle“ ist ein bisschen mulmig zumute. Schließlich ist er 16 Jahre lang keine Schanze mehr auf Sprungskiern hinuntergesaust, um dann halbwegs unfallfrei irgendwo im Schnee wieder zu landen. „Ich bin mir nicht sicher, ob ich kontrollieren kann, was die Dinger an meinen Füßen da machen“, sagt der 50-Jährige vor seinem Sprung ins Ungewisse und lacht. Er lacht viel hier in Oberstdorf. Und die Menschen lachen mit ihm. Dann springt er. Oder besser: Er hüpft. „Eddiiiiie“, ruft der Stadionsprecher – und 9000 Zuschauer ergänzen: „the Eagle“.

„Eddie the Eagle“ ist zurück. Der prominenteste Hinterherhüpfer der Geschichte bringt dieser Tage ein Stück Olympia-Nostalgie zur Vierschanzentournee. Eddie alias Michael Edwards ist und bleibt der unverwüstlichste aller Adler und ein Liebling des Publikums. Das ist in Oberstdorf nicht anders als vor fast 26 Jahren in Calgary, als er zu Englands erstem und bisher letztem Olympia-Springer wurde. „Das muss an meinem George-Clooney-Gesicht liegen“, sagt er verschmitzt

Eigentlich hatte Eddie zu Hause in England davon geträumt, als Vorspringer bei einem der Wettbewerbe der Vierschanzentournee zu starten. Doch die Regularien des Weltverbandes Fis ließen das nicht zu. Eddie wäre nicht „Eddie the Eagle“, wenn er nicht einen Weg gefunden hätte, um seinem Wunsch zumindest ein kleines Stückchen näher zu kommen. Wer hatte schließlich je daran geglaubt, dass ein Brite einmal von einer Olympiaschanze hüpfen würde?

Also sprang er in Oberstdorf dennoch – allerdings von einer Kinderschanze in einem Showwettbewerb. Ins Fliegen kam er dabei nicht. Nach 4,5 Metern in der Luft berührte er schon den Boden. Viel mehr gab die aus Schnee gebaute Minischanze aber auch nicht her.

Aufgeben will Eddie seinen Traum vom Vorspringer nicht, schließlich hat er schon einmal bewiesen, dass alles möglich ist. „Ich werde nächstes Jahr ein paar Sprünge machen und mich wieder herantasten“, sagt er.

Na klar, ein paar kleine Wehwehchen hat auch Englands Überflieger. Mit 50 Jahren sind die Knochen und Gelenke eben einfach nicht mehr das, was sie früher einmal waren. Fit ist er dennoch – und schlank. 67 Kilogramm bringt er bei 165 Zentimeter Körpergröße auf die Waage. „Meine Frau sagt, ich solle wieder zunehmen, aber ich bin so fit wie lange nicht mehr“, sagt er.

Die Erinnerung des Michael Edwards sind ein wahr gewordener Traum: Calgary 1988, Olympische Winterspiele. Erstmals schickte Großbritannien einen Skispringer. „Als die Flamme bei der Eröffnungsfeier angezündet wurde, realisierte ich, dass ich mir meinen größten Wunsch erfüllt hatte“, erinnert er sich. Dass er beim Wettkampf Letzter wurde? Egal. Er wollte einfach nur dabei sein, gegen alle Widerstände. Und auch jetzt in Oberstdorf erkennen sie ihn. Dabei ist das nicht so einfach, denn sein einstiges Markenzeichen verstaubt irgendwo im Schrank: Die Brille mit den daumendicken Gläsern braucht er nicht mehr. Eddie ließ sich die Augen lasern. Und er studierte Jura. Heute arbeitet der Familienvater dennoch wieder als Maurer, wenn er nicht als Redner gebucht ist oder als Eddie the Eagle die Menschen in Olympia-Nostalgie versetzt.