Zur Lage des Skisports vor Olympia: Springer im Aufwind, alpine Männer glänzen im Riesenslalom, Pech für die Frauen

Wieder auf den Beinen. Tief, sehr tief, fast zu tief musste SkispringerSeverin Freund in die Hocke gehen. Die Landung war noch ganz passabel, aber kurz danach konnte er es gerade noch verhindern, mit seinem Hinterteil den Schweizer Schnee in Engelberg zu berühren. Der 25-Jährige blickte fluchend gen Himmel und Lippenleser dürften sein „Mann, das kann doch nicht wahr sein“ wahrgenommen haben. Immerhin hielt sich Freund auf den Beinen. Am Tag zuvor war er beim ersten Weltcup-Springen in Engelberg nach der Landung gestürzt. Nun der Wackler im ersten Durchgang am Sonntag. Beim zweiten Sprung stand er dann sicher. Allerdings drückte ihn der Rückenwind früh nach unten – 121 Meter, Platz 20. Ärgerlich. Aber dennoch: Die Form stimmt. „Freund ist weiterhin unsere heißeste Aktie. Er muss jetzt den Kopf frei bekommen“, sagte Bundestrainer Werner Schuster.

Besser erging es Andreas Wellinger(129,5 Meter). Der 18-Jährige flog beim Sieg des Polen Kamil Stoch auf Platz zwei. Die Vierschanzentournee vom 28. Dezember bis 6. Januar kann also kommen, die deutschen Skispringer sind bereit. Und sie haben Großes vor. Das Feld ist eng zusammengerückt wie lange nicht, etwa zehn Athleten können ganz vorne mitspringen. Doch als Topfavoriten nennt Schuster den Weltcup-Führenden Stoch, den Österreicher Gregor Schlierenzauer, den Norweger Anders Bardal – und Freund. „Wir können an guten Tagen um den Sieg kämpfen“, sagt Schuster. Und damit meint er neben Freund auch Andreas Wellinger und Richard Freitag.

Schnelles Trio . Die starke Leistung von Fritz Dopfer, Felix Neureuther und Stefan Luitz im Weltcup-Riesenslalom im italienischen Alta Badia war für Alpindirektor Wolfgang Maier der „einzige Lichtblick“ des alpinen Wochenendes. Zum ersten Mal überhaupt landeten in der Olympia-Saison gleich drei deutsche Läufer unter den besten acht Fahrern dieser Disziplin. „Vierter, Fünfter und Achter, das ist schon extrem ansprechend“, sagte Maier.

Entsetzt war er über die Nachrichten von den Frauenrennen im 400 Kilometer entfernten Val d’Isère. Veronique Hronek hatte sich im Riesenslalom das Kreuzband gerissen. Dass Maria Höfl-Riesch nach ihrem neunten Platz in der Abfahrt im Riesenslalom auf Platz fünf fuhr, war nur ein schwacher Trost. Das Damenteam bereitet ernsthafte Sorgen. „Wer fährt denn überhaupt noch Ski?“, fragte sich Maier. „Die Rebensburg ist nicht da, die Hronek reißt sich das Kreuzband ab, eigentlich sind wir komplett kaputt bei den Frauen. Es ist nur noch die Maria da. Das ist schon heftig.“ Viktoria Rebensburg musste wegen einer Nebenhöhlenentzündung und einer Bronchitis schon mehrere Weltcuprennen absagen und fehlte auch beim Sieg der Liechtensteinerin Tina Weirather. „So etwas hat kein Team verdient“, sagte Maier.

Noch ein Verzicht. Skirennfahrer und Betreuer haben mit Bedauern auf die Absage des für Neujahr geplanten Weltcup-Parallelslaloms am Münchner Olympiaberg reagiert. „Das ist für den Skisport einfach schade, weil es ein wichtiges Rennen gewesen wäre“, sagte Felix Neureuther, der ein Jahr zuvor gewonnen hatte. München sei der einzige Wettbewerb inmitten einer Großstadt gewesen, der sich bei Sportlern und Trainern etabliert habe, sagte Alpindirektor Wolfgang Maier. Das Rennen war elf Tage vor dem geplanten Termin wegen Schneemangels abgesagt worden. Organisationschef Frank Seipp sagte: „Wir mussten den Kampf aufgeben. Durch die warme Witterung und die ungünstigen Vorhersagen haben wir einfach keine Chance mehr.“

Knapp vorbei. Johannes Rydzek verpasste den ersten Heimsieg eines deutschen Kombinierers seit 1987 nur um 0,7 Sekunden. Nach einem dramatischen Schlusssprint musste sich der 22-Jährige im Finale nur dem Franzosen Jason Lamy Chappuis geschlagen geben. „Bei diesen Verhältnissen war es ein super Rennen“, sagte der von Rang elf in den Zehn-Kilometer-Langlauf gegangene Oberstdorfer. Bundestrainer Herrmann Weinbuch lobte etwas rustikal: „Sehr schön, dass er sich da ganz vorne reinhauen konnte.“ Das Mannschaftsergebnis mit Björn Kircheisen auf Platz sieben direkt vor dem etwas schwächelnden erfolgsverwöhnten Eric Frenzel überzeugte. Kircheisen, 30, war „den Tränen nahe“, weil ihm seine Leistung das Ticket für die Olympischen Spiele in Sotschi sicherte.

Weiter Spitze. Denise Herrmann aus Oberwiesenthal bleibt im Olympiawinter das Zugpferd der deutschen Langläuferinnen. Im italienischen Asiago behauptete sie sich kurz nach ihrem 25. Geburtstag als Fünfte im Sprint und als Dritte im Teamsprint mit Katrin Zeller in der Weltspitze. Bundestrainer Frank Ullrich sprach von einer „Galavorstellung“. Herrmann habe die Verluste ihrer Partnerin immer wieder zurückerobert. „Sie hat den Mut, offensiv zu laufen“, so Ullrich.