Der frühere Europameister Alexander Alekseev wechselt am Freitag auf die andere Seite des Rings

Hamburg. Er wird etwas tun, was er schon viele Male getan hat. Trotzdem wird alles anders sein am Freitagabend, wenn Alexander Alekseev in der Messe Schnelsen am Ring sitzt und die zehn Boxkämpfe beobachtet, die auf dem Kampfabend des Hamburger Profistalls EC geplant sind. Zum ersten Mal schaut der 32-Jährige nicht als Kollege zu, sondern als Promoter. „Ich stelle mir seit Tagen vor, wie das sein wird. Aber erst am Freitag werde ich wissen, wie es mir tatsächlich damit geht, nicht mehr selbst zu boxen“, sagt er.

Alekseev galt als Ausnahmetalent, als er im Januar 2006 seine Profikarriere im Hamburger Universum-Stall begann. Zu mehr als dem EM-Titel im Cruisergewicht reichte es für den Russen aber nicht, und nachdem er Ende November seine WM-Chance gegen IBF-Champion Yoan Pablo Hernandez vom Berliner Sauerland-Team vergeben hatte, beendete er seine Karriere. Der Entschluss stand – aus gesundheitlichen Gründen – schon vor dem Kampf fest. Dass ihm sein Promoter Erol Ceylan, bei dem er Anfang 2011 angeheuert hatte, den optimalen Übergang ins Berufsleben bieten konnte, hält Alekseev für ein großes Glück.

„Ich sehe in Alex einen vertrauensvollen Partner und Freund, der enormes Potenzial auch im unternehmerischen Denken besitzt. Deshalb freue ich mich sehr, dass er sich als Promoter versuchen will“, sagt Ceylan. Der Deutschtürke, der seinen Stall vor vier Jahren gegründet hatte, weihte seinen Vorzeigekämpfer seit Monaten in die Welt der Verträge und Verhandlungen ein. Er will sich nach den harten Anfangszeiten, in denen er eine hohe sechsstellige Summe ins Boxen investierte, wieder mehr auf sein Kerngeschäft, das Logistikunternehmen Allcox, konzentrieren. „Ich werde im Hintergrund unterstützen und das Projekt EC auch weiter finanzieren. Aber jetzt steht Alex im Mittelpunkt“, sagt der 41-Jährige. „Er kann es schaffen, neue Sportler für EC zu gewinnen. Er weiß, was ein Boxer braucht, um sich wohl zu fühlen.“

Alekseev glaubt das auch, er will das Unternehmen in Ceylans Sinn weiterführen, allerdings nicht mehr so nachgiebig wie der Firmengründer agieren, der seine Sportler ziehen ließ, wenn sie Angebote von zahlungskräftigeren Promotern erhielten. „Erol war manchmal zu nett, viele Sportler haben ihn ausgenutzt. Damit muss Schluss sein, denn es geht nicht, dass Boxer nur nehmen und nicht zurückzahlen“, sagt Alekseev, der selbst EC die Treue gehalten hatte. Deshalb stattete er die sechs verbliebenen Athleten – die Schwergewichtler Christian Hammer und Nikola Milacic, den Halbschweren Igor Michalkin, Weltergewichtler Flavius Biea und die Halbmittelgewichtler Napor Ninsaw und Dennis Krieger – mit Verträgen aus, die sie bislang nicht hatten.

Alekseev, der ein in Russland abgeschlossenes Jurastudium mitbringt, in Ceylans Firma eine Logistiker-Ausbildung absolvierte und in diesem Beruf auch drei Tage die Woche arbeiten wird, will EC mittelfristig in die Gewinnzone führen. Das Team um die Trainer Oktay Urkal und Bülent Baser soll zwar schlank gehalten, aber mit talentierten Amateuren verstärkt werden. Vier hochwertige Veranstaltungen pro Jahr sollen TV-Partner Eurosport bei Laune halten. „Wir wollen helfen, dass das Profiboxen nicht stirbt“, sagt er.

Bei Alekseevs Promoterpremiere am Freitag (21 Uhr/Eurosport) trifft Schwergewichtler Hammer auf US-Veteran Kevin Johnson, der im Dezember 2009 immerhin mit WBC-Weltmeister Vitali Klitschko über die Runden ging. Knapp 1000 Karten sind bereits verkauft. „Das ist ein gutes Zeichen“, sagt Alekseev. Er freut sich auf das neue Leben, das am Freitag beginnt.