Das Team vom Hamburger Curling Club um Skip John Jahr qualifiziert sich für die Spiele in Sotschi

Füssen/Hamburg. Wie Usain Bolt stand John Jahr für einen kurzen Augenblick da. Flitzbogengeste, die Augen Richtung Hallendach gewandt. Vielleicht in diesem schnellen Moment mit dem Gefühl der Unbesiegbarkeit, wie es der jamaikanische Sprinter symbolisiert. Auf jeden Fall ein Augenblick höchsten Glücks nach der historischen Leistung Sonnabendnacht. Das Team vom Curling Club Hamburg hat sich beim Olympia-Qualifikationsturnier in Füssen die Startberechtigung für Sotschi erspielt, der 7:4-Erfolg nach Extra-End gegen Tschechien sicherte erstmals die Teilnahme einer Mannschaft aus der Hansestadt an Winterspielen.

„Das hat wirklich was, es waren drei Wochen, die wir nie vergessen werden“, sagte der 48 Jahre alte Jahr, der als „Skip“ für die taktischen Entscheidungen verantwortlich ist. Er hat mit seinen Mitspielern Felix Schulze, Sven Goldemann, Christopher Bartsch und Ersatzmann Peter Rickmers die B-Europameisterschaft in Stavanger gewonnen, damit den Aufstieg in die A-Gruppe geschafft, gleichzeitig die Qualifikation für die nächste A-Weltmeisterschaft und das Olympia-Qualifikationsturnier 2017 gesichert. Und nun auch noch das Ticket nach Sotschi ...

Dabei begann das Turnier in Füssen alles andere als wunschgemäß für die Hamburger. Zwei Niederlagen in den ersten Spielen gegen Frankreich und Südkorea, es schien alles verloren, bevor das Turnier überhaupt begann. Im vierten Spiel gegen die USA lagen sie nach neun von zehn Ends plötzlich zurück, obwohl sie die Partie kontrolliert hatten. Matchball für die Amerikaner. „Aber die haben dann suboptimal gespielt, wir konnten noch gewinnen“, erinnert sich Bartsch, „das war der Moment, wo wir gedacht haben, es gibt eine Macht, die will, dass wir es schaffen.“

Eigentlich ist diese Olympiateilnahme komplett unwahrscheinlich. Verlegererbe Jahr ist ebenso selbstständig wie Schulze, der als Anwalt arbeitet. Die drei anderen aber stehen als Angestellte fest im Berufsleben, alle haben Familie, 15 Wochenstunden Training und 100 Tagen unterwegs bei Wettkämpfen, das ist kaum zu leisten.

„Wie ein Traum“ sei das alles, sagt Bartsch, der an Position zwei seine Steine setzt. Es ist vor allem aber das Ergebnis harter Arbeit. Nachdem sich die Hamburger im Frühjahr in der internen Ausscheidung gegen das Team Allgäu durchgesetzt hatten, haben sie so viel Zeit in ihren Sport investiert wie nie: „Wir haben im Juni mit der Vorbereitung angefangen, normalerweise haben wir die ersten Steine im September in die Hand genommen“, erzählt Bartsch. „Sie haben sich extrem gesteigert“, sagt Rainer Nittel, der Sportdirektor des Deutschen Curling Verbandes, der nach der erfolgreichen Qualifikation tief durchatmen konnte. Für die Spitzensportförderung durch die öffentliche Hand ist dieser Erfolg extrem wichtig.

Aber das interessierte die Hamburger nur am Rande. Sie haben die Reise nach Russland geschafft und damit ihre teilweise über 20-jährige sportliche Laufbahn gekrönt. Bis 4 Uhr in der Früh haben sie gefeiert. Felix Schulze hat sogar noch einen größeren Grund zur Freude: Er wird Dienstag Vater.