Der Norddeutsche Regatta-Verein segelt in Berlin um die Bundesliga-Meisterschaft

Hamburg. Seit dem Telefonat mit Klaus Lahme kürzlich glaubt Johannes Polgar zu wissen, wie es einem Fußballer geht, wenn zum ersten Mal Joachim Löw anruft: „Es ist eine Riesenehre, unter so vielen Topseglern ausgewählt zu werden.“ Polgar, 36, also soll den Norddeutschen Regatta-Verein an diesem Wochenende beim Finale der Bundesliga auf dem Berliner Wannsee als Skipper zum Gesamtsieg führen. So hat es NRV-Cheftrainer Lahme entschieden. Was so überraschend dann auch wieder nicht war. Im Juli hatte Polgar in Travemünde, bei der zweiten von fünf Regatten, den NRV auf den zweiten Platz gesegelt. „Und der Wannsee liegt mir gerade im Herbst sehr. Ich habe da noch nie ein Rennen verloren.“

Hält die Serie und der NRV-Vorsprung von vier Punkten, dann kann Polgar an einer Geschichte schreiben, die ein großer Erfolg zu werden verspricht. Begonnen hat sie im Juni, als die Bundesliga auf dem Starnberger See ihre Premiere hatte. Das Format war in der Hamburger Agentur Konzeptwerft ersonnen worden: 18 Traditionsvereine, darunter der Mühlenberger SC, treten in einer Einheitsbootsklasse (J/70) in wechselnden Revieren und Besetzungen gegeneinander an. Die Resonanz war groß. Polgar glaubt die Gründe zu kennen: „Die Rennen sind äußerst eng und intensiv, der logistische Aufwand gering, das sportliche Niveau top, und für die Clubs bedeutet es einen enormen Mehrwert. Ihre Rivalitäten sind über Jahrzehnte gewachsen.“

Mitunter geht die Vereinstreue sogar über die Partnertreue. So hat Polgar vergeblich versucht, seiner Berliner Freundin Kathrin Kadelbach, der letztjährigen Olympiateilnehmerin im 470er, Details zur Beschaffenheit ihres Heimreviers zu entlocken: „Da war nichts zu holen.“ Immerhin: Der Hausfrieden ist nicht gefährdet. Kadelbach schaut am Wochenende nur zu.

Sie wird viele ehemalige und aktuelle Spitzensegler zu sehen bekommen, wie bisher an jedem Bundesliga-Renntag. Auf dem Starnberger See war es der dreimalige Olympiasieger Jochen Schümann, der seinen Yachtclub Berlin-Grünau zum Premierensieg verhalf. Nur bei der Vorbereitung müssen die Aktiven Abstriche von ihren hohen Ansprüchen machen. Eine einzige Trainingseinheit auf der Alster konnten Polgar und seine Crew mit Florian Spalteholz, Polgars Olympia-Vorschoter von 2008, sowie Klaas Höpcke und Niklas von Meyerinck gemeinsam bestreiten. „Wir sind eine wild zusammengewürfelte Truppe“, sagt Polgar, „aber da wir aus unterschiedlichen Segeldisziplinen kommen, ergänzen wir einander gut.“

Wenn das Starboot nicht kurzfristig wieder ins Olympiaprogramm aufgenommen wird, will Polgar weiter für den NRV um den Meistertitel kämpfen. Es wäre mehr als ein Trost für die entgangene Chance auf Rio 2016.