Die DTTB-Teams schaffen in Österreich ein goldenes EM-Double. Dmitrij Ovtcharov freut sich vor allem darüber, dass der Coup ohne den Leader Timo Boll gelang.

Schwechat. Deutschlands Tischtennis-Teams haben an einem „schwarz-rot-goldenen Montag“ durch ihr erstes Gold-Double in der 55-jährigen EM-Geschichte „chinesische Verhältnisse“ auf dem Kontinent geschaffen. Die Herren um den Olympia-Dritten Dimitrij Ovtcharov (Hameln) feierten im Finale der Titelkämpfe im österreichischen Schwechat trotz der Absage von Rekordchampion Timo Boll (Düsseldorf/Grippe) durch ein 3:1 gegen Griechenland ihren sechsten Mannschafts-Triumph in Folge, nachdem die Damen des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB) zuvor durch ein 3:1 im Endspiel gegen Rumänien die Vorlage zum ersten EM-Doppelerfolg einer Nation in den Team-Wettbewerben seit 31 Jahren gegeben hatten.

„Wir hatten vorher nicht ausschließen wollen, dass ein solch überragendes Ergebnis möglich sein könnte. Besonders beeindruckend an diesem für das deutsche Tischtennis einmaligen Ergebnis ist die Souveränität und Ausgeglichenheit unserer Mannschaften, die beide Gold hundertprozentig verdient haben“, kommentierte DTTB-Sportdirektor Dirk Schimmelpfennig die Dominanz der Mannschaften der Bundestrainer Jörg Roßkopf (Herren) und Jie Schöpp (Damen).

Die Herren verloren auf dem Weg zum Titel trotz Bolls Absage sogar nur ein Match – durch Patrick Baum im Finale. „Der Titel ist für uns eine sehr schöne Bestätigung, dass wir viele sehr gute Spieler haben und nicht nur Timo und mich. Wir haben unterstrichen, dass wir ohne Wenn und Aber das beste Team in Europa sind“, sagte Ovtcharov, der mit zwei Siegen zum Matchwinner wurde, Patrick Franziska holte den wichtigen Punkt zum 2:1.

Ovtcharov war damit als einziger Spieler bei allen sechs EM-Titelgewinnen der deutschen Tischtennis-Herren dabei. „Es ist der erste Titel ohne Timo Boll, ohne unseren Leader, unsere Nummer eins. Ich glaube, wir haben Europa gezeigt, dass wir auch ohne Timo sehr erfolgreich sind“, sagte Ovtcharov während der Siegesfeier im Mannschaftshotel in Wien. „Dennoch wünsche ich mir, dass Timo bald wieder dabei ist.“

Erfolg mit Tischtennis „made in China“

Den deutschen Damen sprach Ovtcharov seinen Glückwunsch aus: „Ich freue mich natürlich für unsere Ladies, absolut. Sie haben ein paar neue Spielerinnen und sehr gekämpft. Gratulation.“

Das deutsche Damen-Team hatte kurz vor den Herren mit Tischtennis „made in China“ nach 15 Jahren den EM-Thron zurückerobert. Entsprechend groß war der Jubel nach dem entscheidenden Matchball durch Han Ying. „Es ist ein Traum. Es gibt nichts Schöneres für einen Trainer“, sagte Schöpp. Neben Han Ying, die bereits den ersten Punkt geholt hatte, war Shan Xiaona für Schöpps Mannschaft, die vor Schwechat zuletzt 2007 in Belgrad mit Bronze auf einem Podest gestanden hatte, erfolgreich gewesen. In der Freude über den Titelcoup hatte die Auftaktniederlage von Kristin Silbereisen bestenfalls statistischen Wert.

DTTB-Chef kritisiert Europa-Verband

In der Häufung chinesisch-stämmiger Spielerinnen im deutschen EM-Kader sieht DTTB-Präsident Thomas Weikert indes keinen Paradigmenwechsel. Über die Nominierung entscheidet nicht das Aussehen des Gesichts, sondern die sportliche Leistung. Wer gut ist, darf für uns spielen“, sagte Weikert der Tageszeitung „neues deutschland“ (Dienstagausgabe). Insgesamt spielen für Deutschland vier Akteurinnen mit chinesischen Wurzeln.

Des Weiteren kritisierte Weikert die zurückgetretene europäische Verbandsführung dafür, dass in Deutschland keine Live-Bilder von der EM im Fernsehen zu sehen sind. „Die ETTU hat den Vertrag mit Eurosport leider nicht verlängert, und das haben wir auch mehrfach kritisiert. Zum Glück ist der alte Präsident Stefano Bosi nun zurückgetreten. Ich hoffe, dass das neue Präsidium bei Marketing und Öffentlichkeitsarbeit in Zukunft neue Akzente setzen wird“, sagte er dem Blatt.