Die Schwimmerinnen Silke Lippok und Selina Hocke wollen in Hamburg in die Weltklasse aufsteigen. Bundestrainer Henning Lambertz zählt die Neu-Hamburgerinnen zu seinen Hoffnungsträgerinnen.

Hamburg. Seit einigen Wochen trainiert Selina Hocke im Olympiastützpunkt Hamburg. Das 16 Jahre alte Schwimmtalent hat nach dem Wechsel aus Berlin bereits erkannt: „Es fühlt sich an, als wären wir alle eine große Familie.“ Mit Steffen und Markus Deibler, Silke Lippok und Hocke trainieren nun schon vier Nationalschwimmer mit Erfolgstrainerin Petra Wolfram.

Selina Hocke möchte nach sechs Jahren Training unter Harald Gampe in Berlin und dem wohl aufregendsten Jahr ihrer jungen Karriere neu durchstarten. Bei den deutschen Meisterschaften im April hatte sie als unbekannter Neuling der über Jahre dominierenden Rückenschwimmerin Jenny Mensing die Show gestohlen. Mit zwei Siegen über 50 und 200 Meter Rücken qualifizierte sie sich völlig überraschend für die WM in Barcelona, bei der sie allerdings viel Lehrgeld zahlen musste. „Plötzlich erwarteten alle Wunderleistungen von mir. Das war einfach zu viel für mich.“ In Hamburg erhofft sie sich durch das Leben im Internat etwas mehr Selbstständigkeit.

Die Hansestadt ist für Schwimmtalente und etablierte Athleten gleichermaßen zu einer Topadresse im deutschen Schwimmsport geworden. „Hier planen die Trainer alles miteinander und schauen auch auf Sportler anderer Trainingsgruppen“, hat Hocke festgestellt. „In Berlin hatte ich das Gefühl, dass die Trainer für sich bleiben und der Austausch untereinander fehlte.“

Hockes neue Trainingskollegin Silke Lippok war in ihrer Heimatstadt Pforzheim in vielen Trainingseinheiten mit ihrem ehemaligen Coach Rudi Schulz allein und hatte vor großen Wettkämpfen lediglich eine einzige Trainingspartnerin. Dennoch wurde sie mit gerade einmal 16 Jahren bei der EM 2010 über 200 Meter Freistil Zweite hinter Italiens Olympiasiegerin Federica Pellegrini. Lippok, 19, lebt bereits seit vergangenem Herbst in Hamburg. Ein Kreuzbandriss, den sie sich beim Landtraining zuzog, verhinderte jedoch ihren Trainingsstart im Dulsbergbad – und kostete sie auch den Start bei den Weltmeisterschaften in diesem Jahr.

Bundestrainer baut auf beide

Jetzt will sie wieder angreifen. „Es ist mein zweiter Start in Hamburg, ich freue mich riesig, wieder voll trainieren zu können“, sagt die Olympiateilnehmerin. In der kommenden Saison steht mit den Europameisterschaften im August in Berlin ein absoluter Höhepunkt an. In ihrer Leidenszeit hatte sie auch über einen Wechsel in die USA nachgedacht, den Plan aber verworfen. „Mein Bauchgefühl hat für Hamburg entschieden, hier möchte ich die Grundlagen für eine erfolgreiche Teilnahme an den Olympischen Spielen 2016 in Rio legen.“ Im Oktober will sie zudem ein Psychologiestudium aufnehmen.

Bundestrainer Henning Lambertz zählt die Neu-Hamburgerinnen zu seinen Hoffnungsträgerinnen. Mit dem Druck, der in der Öffentlichkeit gern bei vielversprechenden Talenten erzeugt wird, haben sie sich inzwischen arrangiert. Vergleichenden Zeitungsüberschriften begegnen beide mit einem Lächeln. Nein, sagen sie, „wir sind nicht die neue Franzi van Almsick“.