Auch nach dem Ende der Transferperiode in Deutschland ist die umstrittene „Trainingsgruppe 2“ von 1899 Hoffenheim gut gefüllt - und könnte für den Bundesligisten zum großen Problemfall werden.

Zuzenhausen. Markus Gisdol und Alexander Rosen waren in den vergangenen Tagen wahrlich nicht zu beneiden. Die sportlich Verantwortlichen des Fußball-Bundesligisten 1899 Hoffenheim schoben Überstunden, diskutierten, verhandelten - am Ende aber blieb fast alles beim Alten: Die höchst umstrittene Trainingsgruppe 2 belastet die TSG auch nach Ablauf der deutschen Transferfrist und droht zu einem enormen Imageproblem zu werden. Einzig Eren Derdiyok „flüchtete“ aus dem Kreis der Aussortieren und kehrte zu Bayer Leverkusen zurück.

Erlösend immerhin, weil der Schweizer als erster Profi versucht hatte, sich in den normalen Trainingsbetrieb unter Trainer Gisdol einzuklagen - und damit wohl auch erfolgreich gewesen wäre. Die weiteren Profis aus Gruppe 2 um Ex-Nationaltorwart Tim Wiese könnten diesem Beispiel bald folgen. Transfers sind nur noch in die Türkei, Russland, Frankreich oder eine Handvoll Exoten-Ligen möglich. Ob sich Wiese (31) aber gegen das mit 3,5 Millionen Euro hoch dotierte, gemächliche Auslaufen seines Vertrages bis 2016 juristisch wehrt, ist fraglich.

Laut der Rhein-Neckar-Zeitung denkt Matthieu Delpierre (32/bis 2014) ähnlich, fühlt sich mit seiner Familie im nahegelegenen Stuttgart wohl. Bleiben noch Tobias Weis, der die erste Derdiyok-Verhandlung interessiert verfolgte, Edson Braafheid und Matthias Jaissle. Maximal fünf Profis also, deren Eingliederung in die erste Mannschaft angeblich nicht möglich ist. Offiziell scheitert es an organisatorischen Dingen und der sportlichen Einschätzung der Kandidaten, nach der vergangenen Horror-Saison mit diversen Verfehlungen darf aber auch über weitere, menschliche Beweggründe zumindest spekuliert werden.

„Einheiten werden den Anforderungen nicht gerecht“

Da ein Wiedersehen vor dem Arbeitsgericht für den Club offensichtlich nicht gut ausgehen würde, werden die Bosse bemüht sein, andere Lösungen zu finden. Im Falle Derdiyok hatte der Arbeitsgerichts-Vizepräsident Lothar Jordan überdeutlich zu verstehen gegeben, dass „1899 Hoffenheim ersichtlich und klar das Recht des Herrn Derdiyok verletzt, an einem geordneten Trainingsbetrieb teilzunehmen. Die Einheiten von ’Gruppe 2’ werden den Anforderungen vertraglich nicht gerecht.“

Geregelt ist im Mustervertrag (Paragraph 2/Absatz A) der Deutschen Fußball Liga (DFL) lediglich, dass ein Spieler die Versetzung in die zweite Mannschaft seines Klubs akzeptieren muss - sofern diese mindestens in der Oberliga spielt. „Die Rechtsprechung sagt nach unserer Auffassung eindeutig, dass professionelle Spieler auch einen Anspruch auf die Teilnahme am Spiel- und Trainingsbetrieb der Profi-Mannschaft haben. Das ist ein hohes Gut“, sagte Ulf Baranowsky, Geschäftsführer der Spielergewerkschaft VDV.

„Nicht vergessen, dass es auch um Menschen geht“

Allein die Tatsache aber, verdiente Nationalspieler wie Wiese und Derdiyok gegen den bayerischen Kreisligisten SSV Dillingen testen zu lassen, habe dies ad absurdum geführt, meinte das Gericht, das zudem die große Moralkeule schwang. „Man darf nicht vergessen, dass es auch um Menschen geht“, sagte Jordan, gab aber auch zu verstehen, im Falle des Schweizer Nationalspielers kein allgemeingültiges Urteil für die, „die da vielleicht noch in Lauerstellung sind“, sprechen zu wollen und können.

Ex-Manager Andreas Müller, zum Teil mitverantwortlich für die Überfüllung des Trainingsplatzes in Zuzenhausen, beurteilte die Situation bei Sky Sport News HD als „sehr sehr schwierig. Wenn ein Spieler versuchen würde sich einzuklagen, gäbe es gar keine andere Entscheidung, als dass er wieder zum Mannschaftstraining zugelassen wird“, sagte er.