Martyna Trajdos vom Eimsbütteler TV kämpft bei der WM in Rio um eine Medaille

Hamburg. Das Improvisieren hat Martyna Trajdos in Rio de Janeiro schnell gelernt. Als am Tag nach ihrer Ankunft die Trainingshalle noch nicht zugänglich war, haben sie und ihre Kollegen aus der deutschen Nationalmannschaft kurzerhand die Ausrüstung geschnappt und sind damit zur nahen Copacabana gegangen. „Man kann am Strand eine Menge Dinge machen“, erzählt Trajdos: „Zugübungen, Schnelligkeitszirkel, Ringen – auch im Wasser.“ Nur das mit dem Durchwerfen hätten sie gar nicht erst versucht.

Vielleicht sind es diese besonderen Umstände, die Trajdos ihre erste Einzelweltmeisterschaft „ziemlich tiefenentspannt“ angehen lassen. Und weil die 24-Jährige vom Eimsbütteler TV mit diesem Gemütszustand ganz gut leben kann, hat sie sich nicht einmal angeschaut, welche Gegnerinnen ihr für diesen Donnerstag zugelost wurden in der Klasse bis 63 Kilogramm. Sie weiß nur, dass sie gesetzt ist und deshalb nicht gleich eine der anderen acht weltbesten Halbmittelgewichtlerinnen vorgesetzt bekommt. Trajdos sagt: „Ich will einfach von Kampf zu Kampf schauen. Warum soll ich es hier anders machen als bei einem Grand Slam?“

So gesehen kann man einiges von ihr erwarten. Die Topturniere in Baku und Moskau in diesem Jahr beendete sie auf dem dritten Rang, ebenso die Mannschaftseuropameisterschaft, bei der sie schon 2012 Bronze gewonnen hatte. Ihr Hamburger Trainer Sascha Costa traut ihr Ähnliches auch in Rio zu: „Martyna kann Großes leisten und alle in der Welt schlagen.“ Den Beweis hat Trajdos Anfang 2012 beim Weltcup in Sofia erbracht, als sie die spätere Olympiasiegerin Urska Zolnir aus Slowenien aufs Kreuz legte und das Turnier gewann. Für die Spiele in London wurde sie dennoch nicht nominiert.

Trajdos hat damit nicht gehadert: „Das stand für mich ohnehin nie zur Debatte. Mein großes Ziel ist Rio 2016.“ Sie hat allen Grund, sich Zeit zu geben. In Polen geboren und in Hamburg aufgewachsen, ist sie erst mit zwölf Jahren beim Harburger TB zum Judo gekommen. Zuvor hatte sie sich in Reiten, Schwimmen, Leichtathletik und Hockey versucht. „Aber ich war überall nur Mitläuferin.“ Ihr Vater überredete sie schließlich, es mit dem Kampfsport zu versuchen, obwohl ihr der eigentlich „viel zu männlich“ vorkam. Inzwischen sei Judo für sie wie eine Sucht, von der sie nicht so bald loszukommen gedenkt.

Als Leistungssport betreibt sie es seit fünf Jahren. Als ihr in Hamburg die Trainingspartner ausgingen, entschied sie sich für ein Studium an der Deutschen Sporthochschule in Köln, wo auch der Bundestrainer ansässig ist. „Martyna mag nicht die genialste Judoka sein“, sagt ihr Trainer Costa, „aber sie ist unheimlich fokussiert.“

Bei der WM wäre sie mit dem siebten Platz zufrieden: „Das wäre schon cool“, sagt Trajdos. Sie weiß schließlich um die Unwägbarkeiten ihres Sports. Ein falscher Schritt, eine missglückte Bewegung, und alles ist vorbei. Das soll Martyna Trajdos in Rio nicht passieren. Erst recht nicht in drei Jahren.