Die Leistungen von Abraham, Brähmer und Pulev waren allerdings noch nicht WM-reif

Schwerin. Die Nacht zum Sonntag war schon weit fortgeschritten, als Kalle Sauerland einen wichtigen Entschluss fasste. Der Juniorchef des Berliner Profiboxstalles Sauerland wollte sich von der Kritik an den vorangegangenen Leistungen der Zugpferde Arthur Abraham und Jürgen Brähmer nicht die Laune vermiesen lassen und erklärte den Kampfabend in der Schweriner Sport- und Kongresshalle zum Erfolg. „Wir haben dreimal gewonnen, nur das zählt“, sagte Sauerland junior, und angesichts des viel bedeutenderen Kampfes, dem um die Fortsetzung der Ende 2014 auslaufenden Zusammenarbeit mit TV-Partner ARD, konnte man sein Ansinnen durchaus verstehen.

Sauerland braucht Spitzenkämpfe, um die Fernsehmacher von seinem Produkt zu überzeugen, und die Grundlage, diese liefern zu können, wurde in Schwerin geschaffen. Supermittelgewichtler Abraham, Halbschwergewichtler Brähmer und auch Schwergewichtler Kubrat Pulev sicherten sich durch ihre einstimmigen Punktsiege allesamt die Chance, in ihrem nächsten Kampf einen WM-Titel anzugreifen. Dass ihre am Sonnabend gezeigten Leistungen nicht ausreichen dürften, um tatsächlich Weltmeister zu werden, muss die Verantwortlichen nicht aus der Ruhe bringen. Allen dreien ist mit dem Niveauanstieg ihrer Kontrahenten eine Leistungssteigerung zuzutrauen.

Dass diese vonnöten ist, bekam insbesondere Abraham zu spüren. Der 33-Jährige wurde trotz seines Siegs gegen Willbeforce Shihepo (Namibia) vom fachkundigen Publikum ausgepfiffen und von Trainer Ulli Wegner anschließend mit klaren Worten ausgezählt. „Es muss sich einiges ändern, wenn wir wieder Weltmeister werden wollen“, sagte der Coach. Tatsächlich fehlte Abraham die Explosivität früherer Tage, in denen er einen limitierten Mann wie Shihepo ausgeknockt hätte. Auch Brähmer, 34, fand gegen den unbequemen Italiener Stefano Abatangelo zu selten die Distanz, um mit boxerischer Finesse einen vorzeitigen Sieg herauszuarbeiten. Pulev, 32, konnte gegen den starken US-Amerikaner Tony Thompson immerhin in den späten Runden seine Beweglichkeit ausspielen und geriet deshalb nie in Gefahr. Um IBF-Weltmeister Wladimir Klitschko zu gefährden, dessen Pflichtherausforderer er durch den Sieg ist, sofern Klitschko nicht am 5. Oktober gegen Alexander Povetkin verliert, muss der Bulgare aber noch stabiler werden.

Während Pulev vor der WM noch einen Kampf absolvieren soll, will Sauerland in dieser Woche auf dem Jahrestreffen des Weltverbands WBO in Budapest klären, dass Abraham noch in diesem Jahr zum dritten Duell mit Champion Robert Stieglitz antreten darf, und ob Brähmer Pflichtherausforderer des Weltmeisters Sergej Kowalew wird. Da der Russe als extrem schlagstark gilt, wäre WBA-Weltmeister Beibut Shumenow aus Kasachstan eher der Wunschgegner für den Schweriner.