Der Formel-1-Weltmeister gewinnt auch in Belgien und enteilt der Konkurrenz

Spa-Francorchamps. Das spannendste Rennen fand am Sonntag in Spa schon vor dem Start des Formel-1-Spektakels statt. Während die Teams in der Startaufstellung ihre Autos auf den Großen Preis von Belgien vorbereiteten, entspann sich auf dem Dach der Haupttribüne ein hektischer Wettstreit zwischen Sicherheitskräften und vier Greenpeace-Aktivisten, die mit Paraglidern eingeschwebt waren. Die Demonstranten entrollten ein 20 Meter langes Banner mit der Aufschrift „Arctic Oil? Shell no!“ und wiesen damit auf die umstrittene Rohölförderung des Hauptsponsors rund um den Nordpol hin.

Die Aktivisten waren noch nicht abgeführt, da gelang Sebastian Vettel unten auf der Strecke das entscheidende Überholmanöver des Tages: Scheinbar mühelos zog er nach der legendären Kurve „Eau Rouge“ an Lewis Hamilton vorbei und fuhr fortan ungefährdet zu seinem fünften Saisonsieg.

Erst auf dem Siegerpodest begegnete er seinen vermeintlichen Verfolgern Fernando Alonso und Lewis Hamilton wieder. Davor hatte er minutenlang einsam seine Runden durch den Ardennen-Wald gedreht, bei der Zieldurchfahrt hatte er üppige 16,8 Sekunden Vorsprung. „Das war ein perfektes Rennen. Das frühe Überholmanöver hat natürlich geholfen“, sagte der 26-Jährige. „Danach konnte ich das Rennen kontrollieren.“ Da der angekündigte Regen ausblieb, erlebten die Zuschauer einen ereignislosen Grand Prix auf einem Kurs, der in der Vergangenheit stets Garant für spektakuläre Unfälle gewesen war. Dennoch dürfte dem elften von 19 Saisonrennen in der Retrospektive eine spezielle Bedeutung zukommen.

Mit Kimi Räikkönen schied Vettels hartnäckigster Verfolger in der WM aufgrund eines Bremsschadens aus. „Wir hatten das Problem schon gleich nach dem Start“, sagte Räikkönen. „Ich habe keine Ahnung, woran es lag. Aber das Rennen war dadurch natürlich im Eimer.“ Für den Finnen endete damit eine unglaubliche Serie von 39 beendeten Rennen, 27 davon in den Punkterängen. Zugleich wuchs der Vorsprung des Titelverteidigers erstmals in dieser Saison auf mehr als 40 Zähler an.

Mit 46 Punkten Rückstand liegt nun wie am Ende der vergangenen Saison Ferrari-Star Alonso auf Rang zwei. Der Spanier freute sich jedoch eher über das positive Einzelergebnis nach einer turbulenten Sommerpause und dem enttäuschenden neunten Startplatz, als dass er große Hoffnung im Kampf um den Titel schöpfte: „Ich hatte fast vergessen, wie sich Champagner im Gesicht anfühlt“, sagte Alonso erleichtert: „Beim nächsten Rennen in Monza wollen wir endgültig zurück in die Erfolgsspur.“

Auch für Mercedes-Pilot Hamilton wird es nach dem vorletzten Europa-Gastspiel immer schwerer, noch ernsthaft nach der Krone greifen zu können. In Spa offenbarte Mercedes neben dem beinahe üblichen Leistungsabfall im Vergleich zum Qualifying erstmals auch Schwächen in Sachen Top-Speed. Der mit einem flacheren Heckflügel modifizierte Red-Bull-Bolide war auf den Geraden und den Hochgeschwindigkeitskurven spürbar schneller als die Silberpfeile; bislang war das Tempoverhältnis umgekehrt gewesen.

Vor Vettels Lieblingsrennen in Asien deutet wenig darauf hin, dass sich an der Überlegenheit des Titelverteidigers bis zum Saisonfinale am 24. November in Brasilien noch etwas ändern wird.