Der Profiboxstall Sauerland geht am Sonnabend in Schwerin mit einem topbesetzten Event ins Risiko

Hamburg. Als vor einigen Wochen die Kampfpaarungen bekannt wurden, die der Berliner Profiboxstall Sauerland an diesem Sonnabend in der Sport- und Kongresshalle Schwerin anbietet, da war das Erstaunen bei einigen Faustkampffans groß. Mit Halbschwergewichts-Europameister Jürgen Brähmer, 34, der seinen Titel gegen den Italiener Stefano Abatangelo aufs Spiel setzt, dem ehemaligen Mittel- und Supermittelgewichtschampion Arthur Abraham, 33, der gegen Willbeforce Shihepo (Namibia) antritt, und dem Schwergewichtler Kubrat Pulev, 32, der gegen Tony Thompson (USA) um das Recht kämpft, Dreifachweltmeister Wladimir Klitschko herauszufordern, setzt Sauerland am selben Abend auf drei Sportler, die allesamt das Potenzial haben, alleinige Hauptkämpfer zu sein.

Schon die Kampfbörsen für das Trio lassen die Kosten für den Abend in Mecklenburg-Vorpommerns Landeshauptstadt in eine siebenstellige Höhe schnellen. Dazu kommen Rahmenkämpfe der deutschen Talente Enrico Kölling und Tyron Zeuge, die ebenfalls fünfstellige Gagen kassieren. „Mit diesem Kampfabend gehen wir stark ins Risiko, riskieren sogar ein Verlustgeschäft“, sagt Kalle Sauerland, Mitglied der Geschäftsleitung und Sohn von Firmengründer Wilfried Sauerland. Nur das Geld von Fernsehpartner ARD, der zwischen 900.000 und 1,5 Millionen Euro pro Kampfabend zahlt, ermöglicht dem Berliner Platzhirschen Kampfabende dieser Güte.

Die ARD ist allerdings auch der Hauptgrund dafür, dass Sauerland seine teuren Zugpferde gemeinsam anspannt. Der lukrative Vertrag mit dem Ersten, das für die zweijährige Verlängerung im vergangenen Jahr dem Vernehmen nach 26 Millionen Euro bezahlte, läuft Ende kommenden Jahres aus. Um den Verantwortlichen die Verlängerung der Zusammenarbeit schmackhaft zu machen, wollen die Berliner in den kommenden Monaten mit aller Macht Kämpfe anbieten, die die hohen Quotenerwartungen erfüllen. „Wir müssen beweisen, dass wir Kämpfe machen, die sonst keiner in Deutschland machen kann“, sagt Kalle Sauerland. Am 14. September werden in Stuttgart Cruisergewichts-Weltmeister Marco Huck, Halbmittelgewichts-Hoffnung Jack Culcay und die Schwergewichts-Neuerwerbung Denis Boytsov auf derselben Veranstaltung antreten.

Fraglich bleibt, ob sich die ARD von derlei Kampfgetöse beeindrucken lässt. Glaubt man ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky, gibt es noch keine Verhandlungen über die Fortsetzung der Zusammenarbeit. „Wir bewerten aber keine einzelnen Kampfabende, sondern die gesamte Zusammenarbeit. Und bislang haben wir hervorragend zusammengearbeitet. Wir werden rechtzeitig, aber intern über die Zukunft sprechen“, sagt er. Insidern zufolge ist die Tendenz jedoch eher negativ. Die öffentlichen Diskussionen über die Häufung fragwürdiger Urteile und die daraus resultierenden Proteste vieler Zuschauer haben die ARD-Verantwortlichen ebenso abgeschreckt wie die fallenden Kennzahlen. Die Übertragungen erreichten zuletzt des Öfteren keine drei Millionen Fans mehr, der Marktanteil lag regelmäßig unter 20 Prozent. An diesem Sonnabend hofft die ARD, die von 22.35 Uhr an zunächst Abrahams und dann Brähmers Kampf live und Pulevs Auftritt als Aufzeichnung sendet, diesen Trend deutlich umkehren zu können.

Die gesamte Gemengelage erinnert an die Endphase des Hamburger Universum-Stalls, der im Juli 2010 seinen TV-Partner ZDF verlor – und mittlerweile insolvent ist. Kalle Sauerland ist sich jedoch sicher, diesen Weg nicht gehen zu müssen. „Wenn unsere Hauptkämpfer am Sonnabend gewinnen, bekommen sie alle eine WM-Chance. Dann können wir noch bessere Kämpfe anbieten“, sagt er. Letztlich gilt auch im Boxen: Erfolg macht sexy.