Mit seinen 9,85 Sekunden von London ist Usain Bolt so schnell wie noch nie in diesem Jahr die 100 Meter gerannt. Der Weltrekordler aus Jamaika soll nun der WM in Moskau den bitter nötigen Glanz verleihen.

London/Frankfurt/Main. Inmitten von Dopingnachrichten feiert und inszeniert die Leichtathletik ihren Superstar Usain Bolt, als könne er allein den Ruf der Sportart retten. Auf einer Rakete auf Rädern drehte der Weltrekordler beim Diamond-League-Meeting im Londoner Olympiastadion eine – langsame – Runde. Drei Stunden nach seiner pompösen Präsentation rannte der 26-jährige Jamaikaner die 100 Meter so schnell wie noch nie in diesem Jahr. Zum Abschluss des zweitägigen Sportfestes stand Bolt am Samstag dann als Staffelläufer im Blickpunkt. „Ich versuche, dem Sport zu helfen, indem ich große Dinge vollbringe und versuche, ihn in ein gutes Licht zu stellen. Deshalb bin ich hier“, sagte der sechsfache Olympiasieger.

Auch ohne Düsenantrieb war Bolt in 9,85 Sekunden im Ziel – nach einem „entsetzlichen Start“, wie er selbst sagte. Damit liegt in der Weltjahresbestenliste nur noch Tyson Gay mit 9,75 vor ihm. Den Amerikaner muss Bolt bei den Weltmeisterschaften vom 10. bis 18. August in Moskau aber nicht fürchten: Gay droht eine zweijährige Dopingsperre. Nachdem er am 14. Juli bestätigt hatte, bei einer Trainingskontrolle positiv getestet worden zu sein, ist er nun endgültig überführt: Die Anti-Doping-Agentur der USA (USADA) bestätigte am Wochenende, dass auch die B-Probe Gays positiv ist.

Da auch Bolts Vorgänger als Weltrekordler, Asafa Powell, der Einnahme verbotener Substanzen überführt wurde, und Titelverteidiger Yohan Blake (ebenfalls Jamaika) verletzt ist, hat der Topstar für die WM immer weniger Konkurrenten. Gleichzeitig steht Bolt seit dem Skandal um Gay und Powell unter noch schärferer Beobachtung, das Misstrauen angesichts seiner Leistungen ist weiter gewachsen. Schon vor seinem Start in London musste sich Bolt viele Fragen gefallen lassen und er erklärte: „Ich bin sauber.“

Nach dem 100-Meter-Rennen sagte der schnellste Mann der Welt zu den Journalisten: „Ihr seid hier, um den Leuten zu sagen, dass dieser Sport Usain Bolt braucht oder was auch immer. Aber ich bin nur hier, um mein Bestes zu geben und der Welt zu beweisen, dass es möglich ist, sauber zu rennen und hart zu trainieren und fokussiert zu sein.“

Genau zwölf Monate nach der Eröffnungsfeier der Sommerspiele erlebten 60 000 Zuschauer in der ausverkauften Arena, wie Bolt einen miserablen Start erwischte. Er schwankte hin und her und erweckte wieder einmal den Eindruck, als sei er mit seinen 1,95 Meter einfach zu lang, um seine Körpergröße auf die Schnelle zu einem solchen menschlichen Geschoss zu entfalten.

Der 1,67 Meter kleine Amerikaner Michael Rodgers (9,98) raste erst einmal dem Favoriten davon, wurde am Ende aber in 9,98 Sekunden nur Zweiter vor dem Jamaikaner Nesta Carter (9,99). „Ich denke, es ist nur Rennrost“, sagte Bolt zu seinen Schwierigkeiten. „Ich brauche noch ein paar Rennen. Die Runden bei der WM werden mir helfen, um freie Beine zu bekommen und leichter in Gang zu kommen.“ Am Samstagabend führte Bolt noch den jamaikanischen „Racers Track Club“ zum Staffelsieg in 37,74 Sekunden. Er fahre jetzt jedenfalls zuversichtlich nach Moskau, sagte er. Wenn er nicht auf einer Rakete dort hingeflogen wird.