Der Serbe wurde für 18 Monate gesperrt, weil er eine Dopingprobe verweigert hat. Beim ATP-Turnier in Gstaad hat Brands unterdessen nach seinem großen Erfolg gegen Federer den Einzug ins Halbfinale verpasst.

Berlin. Es war angeblich die Angst vor der Nadel, die Viktor Troicki erbleichen ließ - und ihm nun eine 18-monatige Sperre einbrockte. Ein kurzer Stich, dann wäre alles vorbei gewesen. Doch das serbische Tennis-Ass verweigerte an jenem Tag die Blutprobe - und der Weltverband ITF griff hart durch. „Das alles ist ein Albtraum. Ich habe einfach Angst vor Nadeln und immer Probleme bei Blutentnahmen. Aber ich bin sauber und werde es auch bleiben“, sagte Troicki nach seiner vorläufigen Suspendierung.

Nur eine weitere plumpe Ausrede eines unvorsichtigen Dopingsünders oder ein verzweifelter Verteidigungsversuch eines überaus naiven Tennisprofis? Für Troicki ist die Antwort klar. „Ich fühle mich zerstört und erschöpft. Ich werde wie ein Verbrecher behandelt, obwohl ich keine Tat begangen habe“, sagte der Davis-Cup-Sieger von 2010. Aus diesem Grund werde er vor den Internationalen Sportgerichtshof CAS ziehen und seine Unschuld beweisen. „Hoffentlich wird der CAS nach der Wahrheit suchen und diese finden, denn es gibt nur eine.“

Von seinen Kollegen bekam der Weltranglisten-Zwölfte Zuspruch - sagt er zumindest selbst. Branchenprimus und Landsmann Novak Djokovic habe ihm persönlich „ein gutes und versöhnliches Ende“ prophezeit, unter anderem sein italienischer Doppelpartner Andreas Seppi halte das Urteil für lächerlich. Selbst in die Offensive wollte sich am Freitag aber zunächst niemand so richtig wagen. Beim ATP-Masters am 15. April in Monte Carlo war Troicki nach seinem Match gegen den Finnen Jarkko Nieminen zur offiziellen Doping-Kontrolle gebeten worden. „Ich habe mich vor, während und nach der Partie schlecht gefühlt“, sagte Troicki rückblickend, „und ich hatte Angst, dass es mir nach der Abgabe eines Bluttests noch schlechter gehen und ich im Krankenhaus enden könnte.“

Aus diesem Grund gab der Serbe an jenem Tag nur eine Urin-, nicht aber die ebenfalls notwendige Blutprobe ab. Laut eigenen Aussagen auch mit der Erlaubnis der Kontrolleurin - die sich dummerweise nicht mehr daran erinnern kann. „Ich bin ihr nicht böse. Sicherlich hat ihr die Organisation gesagt, dass sie einen Fehler begangen hat“, sagte Troicki. Wie dem auch sei: Der 27-Jährige hatte wissentlich oder unwissentlich gegen Artikel 2.3. des Codes der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) verstoßen. Und obwohl der am Tag darauf abgegebene Bluttest ebenso wie der Urintest negativ ausgefallen war, suspendierte der Verband den Weltranglisten-53. folgerichtig rückwirkend.

Dass Troicki mit seinem Verhalten durchaus die Einnahme verbotener Mittel verschleiert haben könnte, unterstrich unterdessen Professor Wilhelm Schänzer vom Kölner Doping-Labor. „Wachstumshormone beispielsweise können nicht mit Urin-, sondern nur mit Bluttests nachgewiesen werden“, sagte Schänzer, einer der weltweit führenden Doping-Analytiker, dem SID: „Dabei ist das Zeitfenster sehr eng, die Probe sollte zeitnah abgegeben werden. Es ist durchaus vorstellbar, dass die Substanzen nach einem Tag nicht mehr nachweisbar sind.“ Eine Manipulation mit Epo oder Cera schloss Schänzer unterdessen aus: „Das ist auch im Urin nachweisbar.“ Vielleicht griff die ITF auch auf der Grundlage dieser Informationen so hart durch.

Erst am 24. Januar 2015 läuft die Sperre von Troicki ab. Nach prominenten Dopingfällen eines Petr Korda (Nandrolon/ein Jahr Sperre) oder Mats Wilander (Kokain/drei Monate) war der Verband seit Ende der 90er Jahre vergleichsweise milde gestimmt. ITF-Präsident Francesco Ricci Bitti hatte sich sogar erst vor wenigen Wochen in einem Brandbrief an IOC-Präsident Jacques Rogge bitter über die allzu penetrante WADA beschwert. Das Urteil gegen Troicki könnte nun ein Zeichen gegen die zuletzt immer lauter gewordene Kritik an den Anti-Doping-Maßnahmen im Tennis-Zirkus sein. Der tschechische Profi Tomas Berdych hatte sie beispielsweise als „kompletten Unsinn“ bezeichnet.

Brands scheitert nach Sieg gegen Federer

Einen Tag nach seinem Überraschungserfolg gegen den Grand-Slam-Rekordsieger Roger Federer ist Daniel Brands beim ATP-Turnier in Gstaad/Schweiz im Viertelfinale gescheitert. In der Runde der letzten Acht unterlag der 26 Jahre alte Deggendorfer dem Rumänen Victor Hanescu nach 1:10 Stunden 3:6, 4:6. „Mein Aufschlag kam nicht so gut wie im Spiel gegen Federer. Außerdem hat Hanescu sehr gut und nahezu fehlerlos gespielt. Er hat verdient gewonnen“, resümierte Brand, der sich nach dem dritten Spiel im zweiten Durchgang am Rücken behandeln lassen musste.

Brands hatte im zweiten Anlauf eine Überraschung gegen Federer geschafft und die Krise des langjährigen Weltranglisten-Ersten verschärft. Der Deggendorfer gewann am Donnerstag beim ATP-Turnier in Gstaad 6:3, 6:4 gegen den allerdings nicht ganz fitten Schweizer Lokalmatador und zog damit ins Viertelfinale ein. In der vorigen Woche war Brands in Hamburg trotz gewonnenen ersten Satzes gegen Federer ausgeschieden. Der 55. der Weltrangliste schaffte bei der mit knapp 470.000 Euro dotierten Sandplatzveranstaltung nun im Achtelfinale die Revanche.

„Das ist ein ganz besonderer Sieg“, schwärmte Brands und räumte ein, dass die Hand zum Schluss „ganz schön zitterte“. Er habe einfach versucht, 100 Prozent zu geben und keine besondere Strategie gehabt: „Ich habe Punkt für Punkt gespielt und versucht, mental stark zu bleiben.“ Im Viertelfinale trifft Brands an diesem Freitag auf den Rumänen Victor Hanescu, der das Turnier 2008 für sich entschied.

Federer berichtete anschließend, er habe seit vergangener Woche Rückenprobleme und erst nach dem Einschlagen entschieden, überhaupt anzutreten. „In den letzten vier, fünf Tagen ging es dem Rücken etwas besser. Es ist natürlich immer wieder enttäuschend, wenn der Rücken immer und immer wieder Probleme bereitet“, sagte er.

Mit einem Break zum 4:2 legte der fast zwei Meter große Brands die Grundlage zum Gewinn des ersten Durchgangs. Gleich seinen ersten Satzball nutzte der Bayer mit einem seiner elf Asse. Der an Nummer eins gesetzte Federer leistete sich in seinem ersten Match nach dem unterwarteten Halbfinal-Aus gegen den argentinischen Außenseiter Federico Delbonis in Hamburg erneut zu viele Fehler und gab zu Beginn des zweiten Durchgangs sofort wieder seinen Aufschlag ab. „Es war sehr schwer, zu spielen und sich zu bewegen“, meinte Federer. Er ging ungewohnt häufig ans Netz, um die Ballwechsel zu verkürzen.

Brands verpasste die frühzeitige Entscheidung, als er das mögliche Break zum 3:0 verpasste. Bei einer 5:3-Führung besaß der 26-Jährige bereits einen Matchball, den der erstmals seit neun Jahren wieder in Gstaad angetretene Federer mit einem Ass abwehrte. Mit eigenem Aufschlag machte der Außenseiter den Erfolg wenig später nach nur 65 Minuten Spielzeit perfekt.