Ein Kommentar von Christian-A. Thiel

Die Enthüllungen aus Paris haben nicht wirklich irgendjemanden überrascht. Der Bericht einer französischen Senatskommission hat gut 50 Profis 15 Jahre nach der Tour de France 1998 die Einnahme der verbotenen Substanz Erythropoetin, besser bekannt als Dopingklassiker Epo, nachgewiesen. Die Gefühle, die bei leidgeprüften langjährigen Beobachtern des Sports aufkommen, sind dann auch nicht Erstaunen oder Entsetzen, sondern Zorn und Enttäuschung.

Zorn über die Lügner, die uns jahrelang scheibchenweise nur das zugegeben haben, was ohnehin bekannt war oder nicht mehr bestritten werden konnte. Enttäuschung darüber, dass man geneigt war, offensichtlich guten Schauspielern ihre öffentliche Reue und tränenreichen Geständnisse abzunehmen. Auch Erik Zabel gehört dazu, der öffentlich mit starken Worten gerade mal einige Wochen Epo-Gebrauch einräumte, es dann aber mit Rücksicht auf seine Familie gelassen haben will. Die französischen Untersuchungen belegen nun anderes. Lug und Trug gehörten zum Geschäftsmodell des Profiradsports. Nur damals?

Diese Sportart wird wohl niemals komplett sauber sein. Eine Drohung aber muss im Raum stehen: Alle Sünder, die auch Jahre später noch enttarnt werden, haben in ihrem Sport nichts mehr zu suchen. In welcher Funktion auch immer.

Und was die Behauptungen der aktuellen Profigeneration wert sind, wird man wohl auch erst in ferner Zukunft wissen. Alle Siegerlisten tragen den Stempel „vorläufig“.