Greta Blunck, die Grande Dame des Hamburger Hockeys, über den Europapokalsieg 1974 mit dem Harvestehuder THC

Hamburg. Augenblicke, die eine Karriere prägen. Orte, die man ein Leben lang nicht vergisst. Das Abendblatt bat 15 Sportler, an Hamburger Stätten großer Momente zurückzukehren und sich dort an ihre Vergangenheit zu erinnern. Die Serienteile lesen Sie bis Anfang September regelmäßig an dieser Stelle.

Sie hätte auch eine Flasche Champagner oder einen Barhocker in die Luft gestemmt. Aber irgendwie war Greta Blunck doch froh, dass der Pokal noch rechtzeitig angekommen war. Barbara Kolbenschlag, Damenwartin im Deutschen Hockey-Bund und Stifterin des ersten Europapokalturniers der Landesmeister, war ohne Trophäe nach Hamburg gekommen, weil der spanische Hersteller vergessen hatte, dem Team vom Polo Club Barcelona den Henkelpott wie vereinbart mitzugeben. Viele Telefonate waren nötig, um ihn doch noch rechtzeitig einzufliegen. Als Kolbenschlag dem Harvestehuder THC und seiner Spielführerin Blunck zum Finalsieg gratulierte, war er da. „Und das war gut so, denn ein Europapokalsieg ohne Pokal ist ja nicht so schön“, sagt Greta Blunck.

Die 75-Jährige steht auf dem blauen Kunstrasenplatz, den der HTHC nach den Olympischen Spielen 2012 in London auf seiner Anlage an der Barmbeker Straße hatte auslegen lassen, und man kann in ihrem Gesicht sehen, wie ihr die Erinnerungen an den 5. Mai 1974, als an selber Stelle das Endspiel um den Europapokal der Landesmeister ausgetragen wurde, durch den Kopf schießen.

Sie kann herrlich erzählen, die Grande Dame des Hamburger Hockeys, die für ihren Verein spielte, bis sie 44 war, die Bundestrainerin war und bis heute Jugendteams im HTHC betreut. Weil ihr Leben mehr Erfolge als Misserfolge bereitgehalten hat, verbreitet sie mit ihren Geschichten meistens gute Laune, und dieser Triumph im Europapokal, das war einer ihrer größten sportlichen Erfolge. Entsprechend gut ist Greta Bluncks Laune, als sie in Gedanken 39 Jahre zurückreist.

Obwohl: An das Endspiel denkt die Angreiferin, die über halb links stürmte, eher ungern zurück. „Es war ein sehr ungemütliches Wetter, der Platz war von den Regenfällen der Vortage völlig durchweicht, und es war so kalt, dass wir in unseren kurzen Hemdchen erbärmlich gefroren haben“, sagt sie. Gespielt wurde damals noch mit Holzschlägern auf Naturrasen, „und das war unser Glück, denn weil der Platz so tief war, konnten unsere technisch überlegenen Gegnerinnen von Royale Uccle Sports aus Brüssel ihr Spiel nicht wie gewohnt aufziehen.“ Trotzdem griffen die Belgierinnen stetig an, so dass die HTHC-Angreifer nicht ins Spiel fanden. Spätestens nach dem 1:0-Führungstor, das Inez Giese-Galvao in der 37. Minute nach einer langen Ecke erzielte, wurde die Partie für die Hamburgerinnen zu einer Abwehrschlacht. „Mir taten die rund 700 Zuschauer wirklich leid, es war leider ein Endspiel, das sich dem Wetter anpasste“, sagt Greta Blunck, die mit 36 Jahren gemeinsam mit Christa Winneberger die älteste Spielerin im Team des inzwischen verstorbenen niederländischen Trainers Ric Mulder war.

Den Gästen aus Belgien glückte jedoch kein Tor, und das glückliche Ende versöhnte alle frierenden Fans und Spielerinnen des HTHC. So durfte im Anschluss an die Siegerehrung, die wegen des üblen Wetters ins Clubheim des HTHC verlegt werden musste, das getan werden, worin deutsche Hockeyteams schon damals weltmeisterlich waren. „Die Siegerparty war gigantisch. Das Clubhaus war brechend voll, und unser Conférencier Roman Köster, der schon während der gesamten Veranstaltung für gute Laune gesorgt hatte, heizte die Atmosphäre immer wieder an.“ Die Party dauerte bis in die frühen Morgenstunden, und da Greta Blunck als Assekuranz-Maklerin bei ihrem Vater beschäftigt war, konnte sie den Montag frei nehmen. Sie genoss vor allem das internationale Sprachgewirr, das die Gäste aus Barcelona, Paris und Rom verbreiteten. Gegen diese hatte sich der HTHC in der Vorrunde, die am 3. und 4. Mai am Hemmingstedter Weg in Großflottbek ausgetragen wurde, durchgesetzt. „Ich fand es großartig, mich mit meinen rudimentären Kenntnissen der französischen, italienischen und spanischen Sprache zu behaupten.“

Internationale Begegnungen waren für sie als Nationalspielerin zwar kein Neuland, auf Vereinsebene war das Turnier in Hamburg jedoch die Europapokalpremiere. „Wir hatten uns ein halbes Jahr jeden Tag darauf vorbereitet. Trotzdem kannten wir unsere Gegner nicht“, sagt Greta Blunck.

Sie sitzt mittlerweile im Clubheim, die Suche nach Relikten aus dem Jahr 1974 hat sie erfolglos abbrechen müssen. Den Wanderpokal hatte der HTHC ein Jahr nach dem Gewinn als Titelverteidiger in Brüssel an HBC Amsterdam weiterreichen müssen. Auch Wimpel oder Medaillen existieren nicht mehr. „Als Siegprämie vom Verein gab es einen silbernen Kugelschreiber, vom Hamburger Sportbund bekamen wir einen silbernen Becher. Geldprämien gab es nicht, aber das ist im Hockey ja immer noch so.“

Die einzige greifbare Erinnerung an die magischen Maitage 1974 ist die Clubchronik. Darin ist auch ein Foto des Siegerteams zu sehen, das Greta Blunck stets aufs Neue amüsiert. „Diese Trainingsanzüge, die wir damals tragen mussten, die waren wirklich hässlich. Heute sind die ja wieder in Mode. Aber ich finde die immer noch hässlich“, sagt sie. Mit einigen Teammitgliedern trifft sie sich regelmäßig, und bis heute zehren sie davon, dass sie die Ersten waren, die sich in die europäische Siegerliste eintragen durften.

„Deutsche Meistertitel sind sportlich hochwertiger, aber dadurch, dass es die Premiere war, bedeutet uns der Triumph von 1974 viel“, sagt Greta Blunck. Im kommenden Jahr, zum 40. Jubiläum, soll es eine Erinnerungsparty geben. Sie können wohl nicht mehr so gut spielen wie damals, aber so gut feiern, das werden sie schaffen.