Der Triathlon-Olympiasieger startet noch einmal über die Kurzdistanz in der Hansestadt. Doch danach sucht Jan Frodeno auf der Ironman-Distanz eine neue Herausforderung.

Hamburg. Die größte Gefahr für Jan Frodeno lauert gleich hinter der nächsten Straßenecke. In der Stadt gibt es ja überall Filialen der großen Bäckereiketten, und in jeder liegen diese kaloriengeladenen Teilchen, an denen Frodeno einfach nicht vorbeikommt, seit er sie das erste Mal probiert hat: Franzbrötchen. „Ich bin ein ganz großer Fan davon. Mit weniger als drei gehe ich grundsätzlich nie raus aus dem Laden.“

Glücklicherweise gibt es in Saarbrücken, wo Frodeno wohnt, keine Franzbrötchen, sonst hätte er es womöglich nie zum Olympiasieger im Triathlon gebracht. Trotzdem oder, besser, auch deswegen kommt er immer wieder gern nach Hamburg. Vor sechs Jahren sicherte sich Frodeno hier mit dem sechsten WM-Platz überhaupt die Teilnahme an den Spielen in Peking, bei denen er dann seine Karriere krönte.

Diesmal hat er sich vielleicht noch ein bisschen gewissenhafter auf sein Heimrennen vorbereitet als sonst, obwohl es auf die halbe olympische Distanz verkürzt wurde. Immerhin geht es am Sonntag um Weltmeisterschaftsmedaillen im Mixed-Team-Wettbewerb. „Und für ein Land anzutreten ist für uns Individualsportler etwas ganz Besonderes“, sagt Frodeno, „darauf freue ich mich sehr.“ Immer vorausgesetzt natürlich, dass Cheftrainer Ralf Ebli ihn auch aufstellt.

Aber wer soll Frodeno eigentlich ersetzen? Die Frage könnte bald akut werden. Wenn nichts Außergewöhnliches passiert, dann erlebt Hamburg an diesem Wochenende seine Abschiedsvorstellung. Frodeno, 31, will beim Ironman auf Hawaii starten. Das hat er sich so in den Kopf gesetzt: „Ich will es wenigstens einmal ausprobieren.“ Auch wenn die Umstellung so groß sei, wie wenn ein Läufer von der Bahn auf die Marathonstrecke wechsle.

Leichtathleten entschließen sich für einen solchen Schritt meist dann, wenn der sportliche Erfolg ausbleibt. Bei Frodeno gab es keine äußeren Umstände, die ihn gezwungen hätten, sich neue Ziele zu setzen. Er fühle sich durchaus spitzig genug für die kürzeren Distanzen, auch wenn seine Ergebnisse in der WM-Serie anderes vermuten ließen. Frodeno aber kann glaubhaft versichern, dass dabei viel Pech im Spiel war. Einmal war der Reifen platt, ein anderes Mal litt er unter einer Staub- und Pollenallergie. „Die Form war das ganze Jahr da, es fehlte nur Glück.“ Bis er vor drei Wochen dann das Bundesligarennen in Düsseldorf gewann.

In drei Wochen will sich Frodeno bei der Europameisterschaft in Wiesbaden erstmals über die halbe Ironman-Distanz versuchen. Ebli kann ihn verstehen: „Nach alldem, was er geleistet hat, ist es normal, dass man eine neue Herausforderung sucht.“ Nur stellt sich für den deutschen Cheftrainer eben jetzt diese Frage, wer die Lücke füllen soll, auch in der öffentlichen Wahrnehmung seines Sports. Ebli sagt: „Man braucht solche Figuren, die immer für eine Story gut sind.“ Und Jan Frodeno war immer für eine Story gut. Und sei es die, dass er kürzlich auf der Golden Gate Bridge um die Hand seiner Freundin angehalten hat. Ende des Jahres soll in der Toskana Hochzeit sein.

Mit seinem Berater gründete Frodeno eine Marketingfirma

Überhaupt ist Jan Frodeno gerade im Begriff, sein Leben neu zu sortieren. Statt von Roland Knoll wird er jetzt von U23-Bundestrainer Dan Lorang betreut, was gut funktioniere, „weil er sehr wissenschaftlich an die Sache herangeht und meine Emotionalität ein bisschen zügelt“. Und mit seinem Berater Felix Rüdiger, einem früheren Nationalmannschaftsmitglied, hat er eine Firma für Sportveranstaltung und -marketing gegründet. Aus dem Namen Jan Frodeno soll sich als Marke auch nach der aktiven Karriere Kapital schlagen lassen.

Egli hat keinen Zweifel, dass Frodeno auch als Geschäftsmann Erfolg haben wird: „Ich habe kaum einen Menschen getroffen, der so konsequent und zielstrebig vorgeht wie er.“ Schon als Frodeno 2002 in die Nationalmannschaft aufgenommen wurde, damals war sein Lebensmittelpunkt noch in Südafrika, habe er verkündet, Olympiasieger werden zu wollen. „Dafür haben ihn viele belächelt“, erinnert sich Ebli.

Franz Löschke, dem deutschen U23-Meister aus Potsdam, traut er am ehesten zu, es einmal Frodeno gleichzutun. Aber kurzfristig, in den nächsten beiden Jahren, könne man von den männlichen deutschen Triathleten keine Spitzenresultate erwarten. Zumal sich auch der deutsche Sprintmeister Christian Prochnow, 31, in Hamburg vom internationalen Wettkampfgeschehen verabschiedet.

Von Abschied will Jan Frodeno lieber nicht sprechen: „Es gibt für mich nichts Blöderes als einen Rücktritt vom Rücktritt.“ Aber auf absehbare Zeit wird er auf die geliebten Franzbrötchen wohl verzichten müssen. Vielleicht ist das aber auch ganz gut so.