Alexander Zverev, 16, verliert sein erstes Match am Rothenbaum. Lokalmatador Tobias Kamke ist eine Runde weiter

Hamburg. Wenn es stimmt, dass Einsicht der erste Weg zur Besserung ist, dann kann aus Alexander Zverev ein großer Tennisspieler werden. „Ich bin mit meinem Spiel zwar einigermaßen zufrieden, habe aber schlecht aufgeschlagen und war viel zu aufgeregt. Ich werde jetzt weiter hart trainieren und versuchen, mich zu verbessern“, sagte der 16-Jährige, nachdem er sein Erstrundenmatch am Rothenbaum mit 3:6, 2:6 gegen den Spanier Roberto Bautista-Agut verloren hatte.

Nun muss sich ein 16-Jähriger, der zum ersten Mal im Hauptfeld eines ATP-Turniers der 500er-Serie stand, und das auch noch in seiner Heimatstadt, beileibe nicht dafür entschuldigen, dass ihn Lampenfieber quälte. Und der Eindruck, den das Toptalent vom Uhlenhorster HC bei den 1500 Zuschauern auf dem Centre-Court hinterließ – insgesamt kamen am ersten Hauptfeldtag 5000 Besucher auf die Anlage –, hatte Lust auf mehr gemacht. Der 1,94 Meter große Schlaks, der im Mai bei den French Open das Juniorenfinale erreicht hatte, begeisterte mit guten Grundlinienschlägen und soliden Returns. Und nachdem er beim Stand von 0:4 auch die ganz große Aufregung abgeschüttelt hatte, spielte er durchaus ordentlich mit gegen den Spanier, der immerhin in der vergangenen Woche in Stuttgart im Halbfinale stand.

Letztlich war es die schwache Quote von nur 35 Prozent erfolgreichen ersten Aufschlägen, die es Zverev versagte, mehr Erfahrung im Profibereich zu sammeln als die 67 Spielminuten, die er diesmal auf dem Centre-Court stand. „Ich habe es genossen und bin mir sicher, dass ich einiges gelernt habe“, sagte der 798. der Weltrangliste, der sich artig bei Turnierdirektor Michael Stich für dessen Vertrauen bedankte. Dieser hatte ihm nicht nur eine Wildcard fürs Hauptfeld zugeteilt, sondern auch als Trainingspartner und mit beratenden und tröstenden Worten zur Seite gestanden. „Michael hat wirklich unheimlich viel für mich getan“, sagte Zverev.

Aus der Ferne hatte über den Internetdienst Livescorehunter.com auch Alexanders neun Jahre älterer Bruder Mischa das Match verfolgt. Der ehemalige Daviscupspieler, der nach diversen Verletzungen auf der US-Challengertour in Binghamton um den Anschluss an die Top 100 der Welt kämpft, war vom Auftritt seines jüngeren Bruders durchaus angetan. „Wenn er seine Nervosität ablegt und sich an die Qualität der Gegner gewöhnt, dann wird Sascha richtig abgehen“, sagte er. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass das Hamburger Supertalent seinen Körperbau an den Profibereich anpasst. Legt er nicht an Muskelmasse in den Beinen und im Oberkörper zu, wird er den Belastungen der ATP-Tour nicht gewachsen sein.

Dass körperliche Fitness allein keine Garantie für den Durchbruch in die Weltklasse ist, dafür ist Tobias Kamke der beste Beweis. Physisch zählt der Hamburger zu den fittesten deutschen Profis, den seit mehreren Jahren angepeilten Sprung unter die besten 50 der Welt hat er allerdings bislang nicht geschafft. Vor allem mangelnde spielerische Konstanz bei den wichtigen Turnieren ist das Problem des 27-Jährigen, der deshalb zu Jahresbeginn sogar eine Trennung von seinem langjährigen Coach Ralph Grambow erwogen hatte. Mittlerweile hat sich das Duo wieder zusammengerauft, man hofft, in diesem Jahr endlich das gemeinsame Ziel erreichen zu können.

Einen ersten Schritt machte der Weltranglisten-78. am Montag am Rothenbaum in seinem Erstrundenmatch gegen den Tschechen Lukas Rosol, den er innerhalb von nur 60 Minuten 6:3, 6:0 abfertigte. Angesichts von sieben abgewehrten Breakbällen war der gebürtige Lübecker allerdings nicht rundum zufrieden. „Klar ist, dass ich mich in meinem Zweitrundenmatch deutlich steigern muss, wenn ich nicht das Schicksal des vergangenen Jahres erleiden will“, sagte er. 2012 unterlag er dem Spanier Nicolas Almagro in Runde eins mit 4:6 und 1:6. Ebenjener Almagro ist an diesem Dienstag sein nächster Gegner. „Natürlich brenne ich auf die Revanche“, sagte Kamke.

Im ersten Dienstag-Match auf dem Centre-Court steht mit Kamkes Kumpel Julian Reister, 27, ein weiterer Lokalmatador im Blickpunkt. Der wegen diverser Verletzungen in der Rangliste auf Position 107 abgerutschte Reinbeker will bei seinem Lieblingsturnier mit dem neuen Trainer Jan Velthuis die Rückkehr unter die besten 100 schaffen, muss dafür zum Auftakt den Argentinier Federico Delbonis aus dem Weg räumen.

Der Hamburger, auf den am Rothenbaum alle warten, greift erst am Mittwoch ins Turnier ein. Vorjahresfinalist Tommy Haas, 35, der am Montagnachmittag vor mehreren Hundert Fans mit Topstar Roger Federer trainierte, trifft auf den Sieger der Partie Victor Hanescu (Rumänien) gegen Blaz Kavcic (Slowenien).