Växjö. „Alter“, sagt Nadine Angerer, „entsteht im Kopf. Und da bin ich sehr jung geblieben.“ Von daher passt die 34-Jährige noch immer wunderbar in die rundum verjüngte deutsche Frauenfußball-Nationalmannschaft, der sie am Donnerstagabend im EM-Auftaktspiel gegen die Niederlande mit tollen Paraden ein so leistungsgerechtes wie enttäuschendes 0:0 sicherte. Als Älteste und Erfahrenste im Team will die Torhüterin ihren fünften EM-Titel nach 1997, 2001, 2005 und 2009 gewinnen.

„Sie ist sehr locker und zeigt uns, dass es auch um Spaß geht und es nicht nur einen richtigen Weg gibt“, sagt die 15 Jahre jüngere Lena Lotzen. Auch Nationalmannschafts-Managerin Doris Fitschen, die noch selbst mit Angerer zusammenspielte, sieht in ihr eine echte Stütze: „Sie hat schon unheimlich viel erlebt. Es ist zwar immer noch Natze, so wie man sie kennt, aber sie ist reifer geworden. Und sie hat es sich zum Ziel gesetzt, die junge Mannschaft zu führen.“

Das tut sie mit Begeisterung: „In der Vorbereitung war ich die Letzte, die ins Bett ging. Ich musste kontrollieren, ob die Mädels brav schlafen“, erzählt sie grinsend. Und etwas ernsthafter fügt die nie um einen Spruch verlegene „Mutti“ an, wie sehr sie sich mit dem lernwilligen Team identifiziert: „Ich bin total begeistert von dieser Mannschaft. Sie ist für jede Trainerin ein Geschenk.“

Abenteuerlustig, unkonventionell und immer für eine Überraschung gut – die Schlussfrau mit dem Faible für Mützen und Hüte aller Art ist ohne Frage die schillerndste Figur im deutschen Team. Angerer, die sich als passionierte Hobbytaucherin ein Haus auf Fuerteventura zugelegt hat, stürzt sich gerne in das Unbekannte: „Wenn man sich alleine im Ausland durchschlagen muss, reift man natürlich als Mensch.“

Nach der EM warten deshalb neue Abenteuer. Erst zieht es sie in die W-League nach Australien, dann in die Profiliga NWSL in den USA. „Ich wollte unbedingt ins Ausland“, sagt Angerer. Dafür hat sie nach ihrem Abschied vom siebenmaligen deutschen Meister 1. FFC Frankfurt besser dotierte Angebote ausgeschlagen. Manche Erfahrungen sind eben unbezahlbar.