Der Hamburger konnte das Turnier in der Hansestadt noch nie gewinnen. Umso mehr freut sich Haas auf den Wettbewerb in seiner Heimatstadt - und auf seinen Freund Roger Federer.

Hamburg. In der Schlachterbörse sollten sie schon mal einen Tisch freihalten, für den Besuch nächste Woche. Da kann die Verpflegung der Tennisspieler im Players‘ Center am Rothenbaum noch so gut sein, Tommy Haas will unbedingt das bekannte Steakrestaurant im Schanzenviertel aufsuchen – und seinen Freund Roger Federer bringt er gleich mit. „Den Plan, dort zu essen, haben wir auf jeden Fall“, erzählte Haas, der sich freut, dass der große Schweizer nach fünf Jahren Abwesenheit wieder den Weg zum ATP-Turnier findet, das an diesem Sonnabend am Rothenbaum mit der Qualifikation beginnt: „Für das Turnier ist das unglaublich, dass Roger kommt. Ich bin ja auch Tennisfan und nicht nur Spieler. Jetzt fehlt nur noch Rafael Nadal.“

Träume sind ja immer erlaubt, auch für Tommy Haas. Der 35-Jährige ist schließlich der beste Beweis dafür, dass auch die unwahrscheinlichsten Dinge passieren können. Im Leben – aber im Sport mal sowieso. In der aktuellen Weltrangliste steht er wieder auf Platz elf, es ist seine beste Platzierung seit dem 14. Januar 2008. Dann kamen die Verletzungen und Operationen, die Frau, die Tochter und wieder eine Hüft-Operation. Und das Comeback. Immer wieder muss er erklären, wie er es geschafft hat, wieder so gut zu werden. Und tut es mit erstaunlicher Geduld. „Ich mag eigentlich nicht zurückblicken, ich bin vor allem dankbar für mein jetziges Team, das mich immer wieder antreibt“, sagt Haas. Unter den besten zehn der Welt stand er zuletzt Ende 2007, davor schon einmal 2002. Es ein drittes Mal praktisch aus dem Nichts zu schaffen, wäre eine einmalige Leistung.

Vor einem Jahr hat er die Chance, in seiner Geburtsstadt Hamburg zu spielen, vor allem deshalb wahrgenommen, um seiner „anderen Familie“ zu zeigen, wo seine Wurzeln sind. Partnerin Sara Foster, die er heiraten wird, „wenn mal die Gelegenheit ist“, Töchterchen Valentina, die Schwiegermutter, sie alle waren bei der Reise in die Vergangenheit dabei. Zeit, das Mietshaus in der Weidenallee aufzusuchen, wo er mit seinen Eltern bis zum elften Lebensjahr gewohnt hat, gab es trotzdem nicht. Er will es nachholen, vielleicht in diesem Jahr, man wird sehen: „Ich möchte das schon sehr gerne“, sagt Tommy Haas.

Doch zwölf Monate und 38 Weltranglistenplätze später ist er nicht mehr ein Altprofi mit ungewisser Zukunft auf Nostalgietrip, sondern wieder einer der besten Spieler der Welt mit Ehrgeiz und Ambitionen. Die Familie musste nach Wimbledon, wo Haas im Achtelfinale am serbischen Branchenprimus Novak Djokovic scheiterte, wieder zurück in die USA, der Vater geht seinem Job allein nach: „Die zwei Wochen sind hart, aber ich werde mich durchbeißen.“

Olympia-Aus noch immer eine „Katastrophe“

Es gibt eben dieses Agreement in der Familie Haas/Foster. Sie ist Spielerfrau, so lange er noch aktiv ist. „Sara motiviert mich jetzt voll, meine Frau weiß, dass ich in einer Situation bin, dass ich nicht weiß, wie lange es noch geht“, sagt Tommy Haas, „sie versucht, die Mutter zu sein, die alles zusammenhält.“ Wenn Schluss ist mit dem aktiven Sport, kann die Schauspielerin ihre Laufbahn wieder intensiver verfolgen. „So ist es geplant.“

Wann das sein wird, ist völlig unklar. Als er nach der Verletzung wieder angefangen hatte, war das Ziel, noch einmal in den großen Stadien zu spielen. Dann wollte er unter die Top 50, um in die Hauptfelder der Turniere zu kommen, dann wollte er seinen 13. Titel gewinnen („meine Glückszahl“), 14 im Einzel und einer im Doppel sind es bis jetzt. Nur das Ziel Olympia 2012 in Wimbledon, das klappte nicht. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) wollte einen der erfolgreichsten deutschen Sportler des vergangenen Jahrzehnts nicht nominieren. „Eine Katastrophe war das, und ich finde das immer noch“, sagt Haas. An 2016 in Rio de Janeiro denkt er nicht.

Was bleibt? Einzelne Highlights, große Ziele, kleine Träume. Auch heimliche. Hamburg zum Beispiel. Nach dem Finaleinzug im vergangenen Jahr hat er natürlich damit geliebäugelt, als erster Deutscher nach Michael Stich 1993 am Rothenbaum zu gewinnen. Er unterlag dem Argentinier Juan Monaco. Und nun, mit Federer? „Für mich ist es ein bisschen schade, weil Roger jetzt natürlich der Favorit ist.“ Haas sollte mit seinem Kumpel freundschaftlich darüber reden – vielleicht beim Steak.