Ex-Champion Felix Sturm plant den letzten Angriff auf den Box-Thron. Ein Sieg gegen den Montenegriner Predrag Radosevic ist dabei Pflicht. Eine Niederlage dagegen könnte das Karriereende bedeuten.

Dortmund. Der Frage nach einem möglichen Karriereende gewann Felix Sturm nur ein müdes Lächeln ab. Gelangweilt, ja fast schon genervt biss der Ex-Champion auf seinem Kaugummi herum. Dann sprudelten die Worte aus ihm heraus: „Ich lebe, boxe und trainiere, um zu siegen“, gab Sturm deutlichst zu verstehen: „Das Wort Karriereende existiert in meinem Wortschatz nicht.“ Der Mittelgewichtler wirkt entspannt und zuversichtlich wie immer, dabei geht es für ihn am Sonnabend im Fight gegen den Montenegriner Predrag Radosevic (ab 22.45 Uhr/Sat.1) mehr als um einen erneuten Angriff auf den Box-Thron.

Sturm steht am Scheideweg seiner Karriere: Nur wenn der 34 Jahre alte Wahl-Kölner gewinnt, lebt die Hoffnung auf einen WM-Fight. Aber selbst dieser geriet am Freitag noch vor der ersten Runde in weitere Entfernung: Wie die IBF mitteilte, bleibt der Australier Sam Soliman, der Sturm zu Beginn des Jahres besiegt hatte und danach wegen der Einnahme verbotener Substanzen vom Bund Deutscher Berufsboxer (BDB) gesperrt wurde, die Nummer eins der Rangliste. Damit ist Soliman auch der Pflichtherausforderer des jetzigen Titelträgers Daniel Geale (Australien).

Beim BDB war auf Anfrage zunächst niemand zu erreichen. Selbst mit einem Sieg bliebe für Sturm damit vorerst nur die Position hinter Soliman. In einem weiteren Fight müsste er sich dann sein Herausforderungsrecht erkämpfen. Eine Niederlage gegen Radosevic dürfte hingegen sowieso das Ende aller Träume bedeuten. „Damit beschäftige ich mich nicht. Ich will nicht zu weit in die Zukunft schauen, das wäre respektlos dem Gegner gegenüber. Wichtig ist das Hier und Jetzt“, sagte Sturm.

Allerdings ist vor allem ein Blick in die Vergangenheit unvermeidbar, um das „Hier und Jetzt“ und die Bedeutung des anstehenden Fights in ihrer Gänze zu verstehen. Schon in der Endphase seiner Regentschaft als WBA-Superchampion wirkte Sturm oft strategielos, viele umstrittene Urteile waren die Folge und der Titelverlust gegen Geale im vergangenen Jahr die logische Konsequenz. Auch deshalb hat das gegnerische Lager Sturm als „ehemaligen Top-Boxer“ beschrieben. „Ein Wort hat mir dabei gar nicht gefallen. Aber okay, das motiviert mich nur noch zusätzlich“, entgegnete Sturm. Nach der Niederlage gegen Soliman Anfang des Jahres setzte bei ihm ein Umdenken ein, bereits knapp einen Monat nach dem Kampf stieg Sturm wieder in das Training ein.

„15 bis 16 Wochen habe ich mich vorbereitet, besser vorbereitet. Ich habe verstanden, dass harte Arbeit nicht immer gute Arbeit bedeutet“, erklärte Sturm. In der Vergangenheit habe er willkürlich bis zur Ermüdung auf den Sandsack eingeschlagen und sich später auf sein Talent verlassen. Die boxerischen Qualitäten und taktischen Raffinessen ließ er in der Folge, wenn es darauf ankam, dann allerdings immer mehr vermissen. „Ich musste mich mit den Dingen auseinandersetzen, die falsch gelaufen sind. Wir haben deshalb in der Vorbereitung neue Aspekte mit Altbewährtem verknüpft“, sagte Sturm, der von Trainer-Ikone Fritz Sdunek vorbereitet wurde.

Den Hauptanteil an einer erfolgversprechenden Vorbereitung besaß aber nicht Sdunek, sondern dessen Schützling selbst. „Früher habe ich in der Zeit zwischen den Kämpfen ein paar Dinge versäumt. Ich trinke und rauche zwar nicht, aber ich habe das Leben in vollen Zügen genossen“, gab Sturm zu. Heute könne die Rede von einem „Felix Sturm 2.0“ sein. Auch deshalb musste er vor dem Kampf „nicht abkochen. Ich habe jetzt für den Sieg trainiert, und nicht für das Gewicht. Ich bin zu 100.000 Prozent vorbereitet“, sagte Sturm.