Sabine Lisicki ließ Kaia Kanepi im Viertelfinale keine Chance

London:. Es ist nicht leicht, nur einen Tag nach dem größten Sieg der bisherigen Karriere im sportlichen Alltag wieder zu bestehen und seine Leistung abzurufen. Plötzlich als Favorit zu gelten, als die Spielerin, auf die jetzt alle schauen. Dann gewinnen zu müssen, das ist die wahre Reifeprüfung. Sabine Lisicki hat sie am Dienstag bravourös bestanden. Einen Tag nach dem Sensationserfolg gegen Titelverteidigerin Serena Williams (USA) ließ die Berlinerin im Viertelfinale von Wimbledon der Estin Kaia Kanepi keine Chance und zog mit einem 6:3, 6:3-Erfolg zum zweiten Mal nach 2011 ins Halbfinale des bedeutendsten Tennisturniers der Welt ein.

„Ich bin sehr glücklich. Gestern war ein fantastisches Match, und ich musste schnell genug wieder runterkommen“, sagte Lisicki nach der einseitigen Partie gegen Kanepi: „Ich bin überrascht, wie schnell es mir gelungen war, mich auf das Viertelfinalmatch zu fokussieren.“ Konzentriert und nervenstark präsentierte sich die Blondine den euphorischen Fans – auch wenn sie diesmal nicht auf den Centre-Court durfte.

Doch auch auf Platz 1 demonstrierte Lisicki eindrucksvoll, warum der Rasenklassiker in London ihr absolutes Lieblingsturnier ist. Nirgendwo sonst geht die Weltranglisten-24. ihrer Arbeit so abgeklärt und mit solcher Spielfreude nach wie im All England Lawn Tennis Club. „Die Erfahrung aus meinen drei anderen Viertelfinals hier hat mir sehr geholfen“, sagte die 23-Jährige.

Ihre Gegnerin am Donnerstag (14 Uhr/Sky) ist die Polin Agnieszka Radwanska, die sich 7:6 (7:5), 4:6, 6:2 gegen Li Na (China) durchsetzte und bereits im Vorjahr im Endspiel von Wimbledon stand. Im direkten Vergleich zwischen der Deutschen und der Weltranglisten-Vierten steht es 1:1 – auf Rasen haben sich beide aber noch nicht getroffen.

„Mal sehen, was passiert“, sagte Lisicki nach ihrem Erfolg gegen die fünf Jahre ältere Kanepi. „Ich verspüre keinen Druck. Ich gehe in jedes Match, um es zu gewinnen. Ich bin wirklich bereit für das Halbfinale.“ Lisicki ist erst die sechste Deutsche, die es in Wimbledon bis dahin geschafft hat – neben Cilly Aussem, Hilde Krahwinkel, Bettina Bunge, Steffi Graf und zuletzt Angelique Kerber. Für die neunmalige Wimbledon-Siegerin Martina Navratilova ist die junge Deutsche nun ebenso wie für die britischen Wettanbieter Favoritin auf den Titel: „Die Fans lieben sie und ihr Lächeln. Sie war die Favoritin gegen Kanepi und ist nun die Spielerin, die es zu schlagen gilt.“ Auch Bundestrainerin Barbara Rittner traut ihrem Schützling den Titel zu. „Jetzt darf Sabine erst mal genießen. Es ist wichtig, dass sie einen Tag frei hat, um Kräfte zu sammeln. Sie kann jetzt schon sehr stolz auf sich sein.“ 2011 war Lisicki im Halbfinale an Maria Scharapowa gescheitert, jetzt fühlt sie sich gereift: „Ich wusste schon vor dem Turnier, dass alles möglich ist“, sagte sie, „diesmal fühle ich mich besser, fitter und frischer als vor zwei Jahren.“