Sechs Hamburger Sportler stehen im deutschen Aufgebot für die Weltspiele der Studenten. Das internationale Sportfest mit 13.500 Teilnehmern aus 170 Nationen beginnt Sonnabend in Russland.

Hamburg. 13.500 Teilnehmer aus 170 Nationen, rund 2500 mehr Aktive als bei den Olympischen Spielen in London 2012. Ein Athletendorf der Superlative. Die Eröffnungsfeier mit 45.000 Zuschauern längst ausverkauft. 27 Sportarten, in denen 351 Medaillensätze vergeben werden. 120 Stunden Liveberichterstattung bei Eurosport. Das sind die beeindruckendsten Fakten zur Universiade, den Weltspielen der Studierenden, die von diesem Sonnabend bis zum 17. Juli in Kasan, der Hauptstadt der russischen Republik Tatarstan, ausgetragen werden. Zwei Millionen Zuschauer werden erwartet, Präsident Wladimir Putin hat das Sportfest zum Testlauf für die Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi erklärt.

In Deutschland, das 2011 in Shenzhen (China) mit 14 Medaillen (zwei Gold, je sechs Silber und Bronze) Rang 21 der Nationenwertung belegte, hat der Universitätssport, der vom Allgemeinen Deutschen Hochschulsportverband (ADH) organisiert wird, einen solch geringen Stellenwert, dass die breite Öffentlichkeit kaum Notiz vom Wettkampf der Weltbesten nimmt, der alle zwei Jahre stattfindet. In Hochburgen wie China oder Osteuropa, aber auch in den USA ist das anders. „In Deutschland sind die Vereine Träger des Leistungssports, international sind es oft Universitäten“, erklärt Thomas Beyer, Leiter des Hamburger Sportamts und langjähriger Chef des Hochschulsports. So groß wie in Kasan war die Universiade nie zuvor. Allein die Teilnehmerzahl steigt im Vergleich zu 2011 um 1500. „Kasan und Sotschi sind im Wettbewerb, deshalb haben die Russen immens geklotzt“, sagt Beyer. Vor fünf Jahren wollte er die Universiade 2015 nach Hamburg holen. Die Stadt kapitulierte in der Endphase der Bewerbung, weil die Kosten von rund 150 Millionen Euro nicht zu decken waren.

„Ich fahre nach Kasan, um eine Medaille zu gewinnen“

142 Athleten umfasst das deutsche Aufgebot, das an diesem Freitag von Frankfurt am Main aus gemeinsam nach Russland fliegt. Sie alle eint – neben der Hoffnung auf eine Medaille – das Ziel, die Universiade hierzulande bekannter zu machen. Auch sechs Hamburger wollen dabei mithelfen.

Einer von ihnen ist Kay Rückbrodt. Der 23-Jährige vom Hamburger und Germania Ruderclub startet im Vierer ohne Steuermann und ist neben Clubkollegen Lasse Antczak, der im Leichtgewichtsvierer ohne Steuermann sitzt, einziger Hamburger Ruderer. „Ich fahre nach Kasan, um eine Medaille zu gewinnen. Vom Sieg zu sprechen wäre etwas zu viel, die Konkurrenz ist sehr stark“, sagt der U23-Weltmeister von 2011. Für den Sport gibt der Jurastudent alles. 2012 wurde er in das Trainingslager der Olympiamannschaft eingeladen – ein erster Schritt in Richtung seines Traums, 2016 in Rio an den Olympischen Spielen teilzunehmen. Die Universiade hat für ihn nicht nur sportliche Reize: „Ich freue mich auch auf die Stadt, die fremde Kultur und die anderen Sportler“, sagt Rückbrodt, der genau verfolgen will, wie sein Kumpel Jonas Fürste in Kasan abschneiden wird.

Die Hockeyspieler wollen ins Finale

Fürste, 26, gehört wie Matthias Knüpfer, 22, und Jakob Ahlers, 19, zum 18-köpfigen Kader der Hockeyherren. Hockey steht erstmals seit 1991 im Universiade-Programm, angesichts der Olympiaerfolge deutscher Teams gilt die Mannschaft als Mitfavorit – obwohl sie sich bislang nur auf zwei Kurzlehrgängen einspielen konnte. Ein abschließender Test gegen die deutsche U18 endete 4:4. „Wir haben einige Spieler mit gutem Bundesliganiveau und werden uns schnell als Team finden“, sagt Torjäger Fürste, jüngerer Bruder von Doppelolympiasieger Moritz Fürste und in der vergangenen Saison Kapitän des Uhlenhorster HC, der an der Macromedia-Hochschule kürzlich sein Medienmanagement-Studium abschloss.

Weil man die Vorrundengegner Ukraine, Südkorea, Japan und Frankreich nicht einschätzen könne, sei die übliche Zielvereinbarung bisher nicht abgeschlossen worden. „Intern haben wir uns natürlich das Finale als Ziel gesteckt“, sagt Stürmer Ahlers, der an der Uni Lüneburg im zweiten Semester BWL studiert und für den Klipper THC in der Zweiten Bundesliga spielt. Man könne es sich nicht erlauben, das Event als Spaßveranstaltung anzusehen. Um den Selbstkostenanteil von 2000 Euro pro Spieler zu umgehen, hat das Team in Eigenregie 25.000 Euro Sponsorengelder eingeworben. „Allein schon deshalb haben wir die Verpflichtung, das Ganze ernst zu nehmen“, sagt Knüpfer, der in der Abwehr des Clubs an der Alster spielt und an der Uni Hamburg im vierten Semester VWL studiert.

„Das Niveau bei Universiaden ist sehr anspruchsvoll“

Für Morten Ahme vom SV Poseidon ist seine zweite Universiade-Teilnahme ein weiterer Höhepunkt seiner Karriere. Obwohl er die Norm über 400 Meter Lagen um eine halbe Sekunde verfehlt hatte, wurde er vom ADH als einer von sechs Schwimmern nominiert. Die weiteren Kriterien – eingeschriebener Student (seit einem Jahr für das Fach BWL an der Uni Hamburg), nicht älter als 28 – erfüllt der 22-Jährige. Ahmes Ziel ist das Erreichen des Endlaufs der besten acht: „Das wird nicht leicht, weil das Niveau bei Universiaden sehr anspruchsvoll ist. Aber ich sollte das schaffen.“

Trainerin Petra Wolfram glaubt, dass der Universiade-Start Hamburgs Juniorsportler des Jahres 2010 neu motivieren wird. Zuletzt war der deutsche Vizemeister von 2011 und DM-Dritte 2013 trotz persönlicher Bestzeit aus dem Bundeskader gestrichen worden, weil er die Richtzeit von 4:19 Minuten über die anspruchsvolle wie trainingsintensive Strecke nicht geschwommen war. Die Rückkehr in die höhere Förderstufe sei nun die Herausforderung. Kasan bietet ihm dafür die Chance.