Ein Kommentar von Christian-A. Thiel

Mercedes könnte sich geschmeichelt fühlen. Die heftigen Attacken der Konkurrenz nach dem Quasi-Freispruch in der Reifen-Affäre haben die Silberpfeile in die Rolle eines gefürchteten Rivalen der Rennbahn erhoben. Im vierten Jahr seit der Neugründung eines eigenen Teams werden die Autos mit dem Stern endlich von den Vorfahrern, dem Stall des Brauseherstellers Red Bull und der Sportwagenmanufaktur Ferrari, ernst genommen.

Neben der technischen Aufholjagd der Stuttgarter, konstant starken Trainingsleistungen und einem Prestigesieg auf der Glamourbühne in Monte Carlo sind es vor allem die Aussichten, vor denen sich die Gegner fürchten. Mercedes soll für die bevorstehende neue Ära der Turbomotoren, die in der kommenden Saison beginnt, bestens gerüstet sein. Also setzen die Platzhirsche alles daran, ihre Poleposition zu behaupten.

Pikant im Streit zwischen Red Bull und Mercedes ist, dass bei beiden Protagonisten Österreicher die Strippen ziehen: „Aufsichtsratschef“ Niki Lauda und Sportchef Toto Wolff bei den Silbernen, Motorsportchef Helmut Marko und Ober-Bulle Dietrich Mateschitz bei den Blau-Roten gehen sich aus dem Weg. Der Ton zwischen den Lagern hat sich in den vergangenen Tagen verschärft.

Am Wochenende, wenn beim britischen Grand Prix in Silverstone wieder im Kreis gefahren wird, sollten die kriegerischen Töne an den Boxen bleiben. Auf der Piste, bei Geschwindigkeiten bis zu 310 km/h, ist Respekt vor dem Gegner Pflicht. Der Unfall am vergangenen Sonnabend in Le Mans hat gezeigt, wie dünn das Eis ist, auf dem sich Motorsportler bewegen.