Der Hamburger Hockeyspieler Moritz Fürste will sich mit dem Nationalteam in Malaysia für die WM 2014 qualifizieren

Hamburg. Als Hamburg am vergangenen Mittwoch unter einer tropisch anmutenden Feuchthitze schwitzte, da saß Moritz Fürste in einem Café an der Rothenbaumchaussee und fragte sich für einen kurzen Moment, was da auf ihn zukommen könnte. Sein Shirt klebte nass an seinem Oberkörper, obwohl er bis auf Eiscafétrinken gar nichts tat, und der Gedanke daran, dass er von diesem Sonnabend an bei noch schwüleren Bedingungen auf Weltklasseniveau Hockey spielen soll, machte ihm keine große Freude. Einer wie Fürste kann solche Gedanken jedoch schnell beiseiteschieben, und so antwortete er auf die Frage, wie sich ein zweimaliger Olympiasieger und Weltmeister für eher unbedeutende Turniere wie die anstehende World League in Johor (Malaysia) motiviert: „Wenn ich mich dafür nicht motivieren könnte, dann müsste ich aufhören.“

Die an diesem Dienstag beginnende Reise nach Südostasien hat für die Auswahl des Hamburger Bundestrainers Markus Weise, in der aus Hamburg neben Fürste auch dessen Clubkollegen Nicolas Jacobi, Oliver Korn und Florian Fuchs vom Uhlenhorster HC sowie Tobias Hauke und Moritz Polk vom Harvestehuder THC stehen, eine Mission: die Qualifikation für die WM 2014 in den Niederlanden. Die Qualifikationskriterien sind kompliziert, lassen sich jedoch letztlich auf einen einfachen Nenner reduzieren. Die Sieger der Viertelfinalspiele haben ihr Ticket sicher. „Deshalb ist unser einziges Ziel, das Viertelfinale zu gewinnen“, sagt Fürste.

Die Gruppenspiele gegen Argentinien (29. Juni), Südkorea (30. Juni) und Japan (2. Juli) – allesamt Gegner der zweiten Kategorie, gegen die sich die deutschen Herren bei Turnieren allerdings oft schwergetan haben – sollen zum Einspielen genutzt werden. Bereits kurz nach der Ankunft ist ein Test gegen den Gastgeber angesetzt. „Man benötigt Zeit, um sich zu akklimatisieren“, sagt Fürste, der 2007 mit Deutschland in Malaysia die Champions Trophy gewann und die klimatischen Bedingungen deshalb bestens kennt. Natürlich wäre eine frühere Anreise aus medizinischer Sicht besser gewesen; die Briten, die in der anderen Gruppe gegen Malaysia, Pakistan und Südafrika antreten, sind seit sechs Tagen in Johor. Aus Kostengründen konnte der klamme Deutsche Hockey-Bund (DHB) dies jedoch nicht ermöglichen. Schon die geplante Ausrichtung des World-League-Turniers in Mannheim scheiterte an fehlenden Fördergeldern. „Wir müssen damit leben und werden es auch diesmal schaffen. Wenn es drauf ankommt, waren wir immer stark“, sagt Fürste.

Das stimmt, und zu einem großen Teil ist es an dem 28 Jahre alten Mittelfeldregisseur, diese Stärke auf dem Feld auszustrahlen. Spätestens seit dem EM-Triumph 2011 ist der Mann, der derzeit ein Fernstudium der Wirtschaftspsychologie absolviert, einer der uneingeschränkten Führungsspieler im Team des Olympiasiegers, er hat es geschafft, seinem schon immer ausufernden Selbstbewusstsein das passende sportliche Gewand anzulegen. Fürste besticht, seit er sich vor der EM vorgenommen hatte, seiner Vorbildfunktion gerecht zu werden, nicht nur durch seine Spielübersicht und die Gabe, das Tempo seiner Mannschaft zu bestimmen, sondern auch mit der Eigenschaft, andere glänzen lassen zu können, wenn es der Mannschaft mehr hilft als sein persönliches Fortkommen.

Was seine eigene Entwicklung betrifft, hat der Hamburger in den vergangenen neun Monaten mehrfach extremen Schub erhalten. Nach dem Olympiatriumph in London hatte er seinen Heimatverein UHC verlassen und war zum Club de Campo nach Madrid gewechselt. „Ich habe dieses Jahr gebraucht, um mal Abstand von meinem gewohnten Umfeld zu bekommen“, sagt er. „Es tat gut, plötzlich nur mit 20 statt mit 200 Leuten ständigen Kontakt zu haben.“ Wichtiger sei jedoch gewesen, dass er in Spanien, wo er mit Campo Vizemeister wurde, gelernt hat, seine Heimat mit anderen Augen zu sehen. „Ich weiß nicht, wie oft ich mir angesichts der chaotischen Organisation in Spanien gesagt habe, wie gut wir es in Deutschland haben“, sagt er. Ähnliche Gedanken gab es auch, als Fürste im Winter in der neu geschaffenen indischen Profiliga HIL mit den Ranchi Rhinos Meister wurde. „Indien war menschlich die wertvollste Erfahrung meines Lebens, ich habe dort unheimlich viel gelernt“, sagt er.

Dass der Weltverband FIH ihn im Dezember als Welthockeyspieler des Jahres 2012 auszeichnete, hätte ihn vor einigen Jahren wahrscheinlich vor Stolz platzen lassen. Der Moritz Fürste von heute, der auch Hamburgs Sportler des Jahres wurde, fühlt sich durch die Ehrung eher unter Druck gesetzt. „Ich gehe jetzt noch angespannter in wichtige Spiele, weil ich das Gefühl habe, diese riesige Auszeichnung rechtfertigen zu müssen. Damit umzugehen, das muss ich noch lernen.“ Er wird die World League und die EM in Belgien Ende August dazu nutzen, um von September an wieder mit voller Kraft für seinen UHC angreifen zu können. Moritz Fürste hat zwar schon viel gewonnen, aber sein Erfolgshunger ist noch lange nicht gestillt.