Immer mehr Experten fordern den Rücktritt des Handball-Bundestrainers. Nun droht dem DHB auch noch das Aus für den Supercup

Leipzig. Nach dem historischen Debakel um die verpasste EM-Qualifikation der deutschen Handballer verliert Bundestrainer Martin Heuberger zunehmend an Rückendeckung. „Er muss weg, ich frage mich schon die ganze Zeit, warum er Trainer der deutschen Nationalmannschaft ist“, sagte der frühere Weltmeistertrainer Vlado Stenzel, der für scharfzüngige Kritik bekannt ist.

Deutliche Worte, denen andere Experten in der Sache recht geben. „Die Frage stelle ich seit einiger Zeit: Wer bringt Normalform in der Nationalmannschaft?“, sagte der frühere Welthandballer Daniel Stephan. „Sicherlich muss man auch diskutieren, ob der Trainer noch der richtige Mann ist.“ Auch Ex-Nationalspieler Stefan Kretzschmar fordert eine schonungslose Aufarbeitung der Rolle Heubergers.

Die DHB-Auswahl hatte in ihrer EM-Qualifikationsgruppe nur den dritten Platz hinter Montenegro und Tschechien belegt und das Ticket für die Endrunde in Dänemark (12. bis 26. Januar 2014) verpasst.

Der Deutsche Handballbund (DHB) stärkte dem Bundestrainer hingegen den Rücken. „Wir stehen zu unserer im Sommer 2011 getroffenen Personalentscheidung“, hieß es in einer Erklärung. Der DHB sitzt in einer Zwickmühle. Präsident Ulrich Strombach sowie sein Vize Horst Bredemeier treten im September ab. Der designierte Präsident Bernhard Bauer und Bob Hanning als sein Vertreter können erst nach ihrer Wahl beim Bundestag in Düsseldorf in drei Monaten aktiv werden.

Unterdessen appellierte der DHB „eindringlich an alle Akteure, die aktuelle sportliche Situation zum Anlass zu nehmen, in Zukunft konstruktiv zusammenzuarbeiten und Mängel zu beseitigen“. Der deutsche Handball brauche für eine erfolgreiche Nationalmannschaft eine höhere Bereitschaft zur Eingliederung der Top-Talente.

Ex-Bundestrainer Heiner Brand nahm seinen Nachfolger unterdessen in Schutz und stattdessen die Bundesliga in die Pflicht. „Es muss ganz klar ein Bekenntnis der Liga zur Nationalmannschaft geben, dass sie unbedingt junge Spieler fördern und fordern und sie an das Niveau der Nationalmannschaft heranbringen will“, sagte der DHB-Manager dem TV-Sender Sky. „Wir brauchen nicht die Masse an ausländischen Spielern, das habe ich immer angemahnt.“ Heuberger habe versucht, „das Beste aus der Mannschaft herauszuholen“, es fehle aber an Führungsspielern.

Durch die verpasste EM-Qualifikation bangen die Deutschen nun sogar um die Teilnahme am prestigeträchtigen Supercup. Um sich für die Play-offs zur WM 2015 in Katar zu qualifizieren, muss die DHB-Auswahl im kommenden November und Januar die Gruppenspiele bestreiten. Diese könnten mit dem Vier-Nationen-Turnier kollidieren, das am Wochenende vom 1. bis zum 3. November in Hamburg und Bremen ausgetragen werden soll.

Abhängig von der Auslosung der Gruppengegner am 27. Juni will sich der DHB um eine Verlegung der Pflichtspiele bemühen. Die Idee ist, am Mittwoch vor dem Supercup ein Spiel auszutragen, das andere zwei Wochen später. Dafür müsste die Europäische Handball-Föderation (EHF) grünes Licht geben und die Kontrahenten zustimmen. „Wenn das nicht möglich ist, müssen wir den Supercup absagen“, so Vizepräsident Bredemeier. Gegner wären Rekordeuropameister Schweden, der ehemalige WM-Zweite Polen und Ägypten.

Trotz der verpassten EM soll Heuberger von der Bundesliga die zugesagte Zeit für Nationalmannschaftsmaßnahmen bekommen. „Der Spielplan steht“, sagte Frank Bohmann, Geschäftsführer des Ligaverbandes HBL. Unter anderem sind zwei Doppelspieltage geplant. Lediglich aufgrund der Spiele in der Vorqualifikation zur WM könnte es noch Änderungen geben.

Bohmann verwies auf die negativen Auswirkungen für den gesamten deutschen Handball. „Die großen Meisterschaften sind immer auch ein Medienleuchtturm. Das fällt jetzt weg“, sagte der Liga-Chef. Auch die Clubs würden die Folgen zu spüren bekommen. „Wir reden seit Jahren davon, dass die Nationalmannschaft unsere Lokomotive ist. Die ist ins Stocken geraten. Das wird uns aufhalten“, so HBL-Geschäftsführer Bohmann.