Der Hamburger Tennisprofi scheitert bei den French Open in Paris erst im Viertelfinale am serbischen Weltranglisten-Ersten Novak Djokovic

Paris. Drei Sätze lang spielte, schimpfte und kämpfte sich Tommy Haas durchs Match mit Novak Djokovic, er stolperte, er stand wieder auf. Haas gab alles - und doch endete sein großartiger Auftritt bei den French Open im Viertelfinale. Der 35 Jahre alte Hamburger unterlag dem Weltranglistenersten aus Serbien nach 2:13 Stunden 3:6, 6:7 (5:7), 5:7 und verpasste es, zum fünften Mal in seiner Laufbahn ins Halbfinale eines Grand-Slam-Turniers einzuziehen.

"Heute war die Herausforderung vielleicht etwas zu groß. Ich habe nicht das abrufen können, was ich gebraucht hätte. Ich hatte meine Chancen, wenn man sie nicht nutzt, ist es auf diesem Level tödlich", sagte Haas: "Es wird aber nicht lange dauern, die Enttäuschung zu überwinden. Die ganze Sandplatzsaison war super für mich." Immerhin hat er mit seinem Vordringen unter die letzten Acht in Roland Garros auch ein Stück Tennisgeschichte geschrieben. Er war dort der älteste Viertelfinalist seit 1971 und komplettierte seine persönliche Serie mit Viertelfinaleinzügen bei allen vier Grand-Slam-Turnieren.

Djokovic steht verdient zum zwölften Mal in Serie bei einem Major in der Vorschlussrunde. Der sechsmalige Champion, dem nur noch der Titel in Paris zum "Karriere-Grand-Slam" fehlt, zeigte sein bestes Spiel im Turnier und revanchierte sich für die Niederlage im März in Miami. "Tommy ist immer ein sehr gefährlicher Gegner mit viel Qualität, sehr erfahren und sehr aggressiv", lobte Djokovic, der im Halbfinale am Freitag in der Neuauflage des Endspiels 2012 auf Rafael Nadal (Spanien/Nr. 3) trifft. Der Titelverteidiger deklassierte Stanislas Wawrinka (Schweiz/Nr. 9) 6:2, 6:3, 6:1. Im anderen Halbfinale stehen Jo-Wilfried Tsonga (Frankreich/Nr. 6) und David Ferrer (Spanien/Nr. 5).

Tommy Haas hatte sich viel vorgenommen, er wollte unbedingt einen guten Start erwischen und Djokovic unter Druck setzen. Als sein neun Jahre jüngerer Kontrahent dies nicht zuließ und auch aus der Defensive oft die bessere Antwort besaß, fing Haas an, mit sich zu hadern. "Mit Sicherheit war ich heute angespannter als sonst, es ging ja auch gegen die Nummer eins", gab er zu. Er schimpfte auf seine Schuhe, er schimpfte auf seine Nervosität, er schimpfte auf sich selbst. "Scheibenkleister" war Mitte des ersten Satzes noch der harmloseste Ausruf. "Komm mal runter, das kotzt mich an" folgte, noch bevor Haas sein erstes Break kassiert hatte. Auch im zweiten Satz versuchte sich der 35-Jährige ins Spiel zu quatschen, landete nach einem Ausrutscher jedoch erst mal unsanft im Sand. "Das ist schlecht, einfach schlecht. Du hast nichts gelernt", klagte er. Oftmals hatte er diese Ausbrüche in positive Energie verwandelt. Doch Djokovic mit der stoischen Ruhe in allen Ecken des Platzes konnte der Hitzkopf Haas diesmal nichts anhaben. Selbst dann nicht, als er im Tiebreak 4:2 führte und von der Mehrzahl der Zuschauer, unter denen auch wieder seine Verlobte Sara und Tochter Valentina saßen, mit "Tommy, Tommy"-Rufen angefuert wurde.

Obwohl Djokovic mit dem offenen Umgang mit seiner Trauer wegen des Todes seiner ersten Trainerin Jelena Gencic die Herzen der Fans berührt hatte, war Haas der Favorit des Publikums. Die Franzosen lieben seine Geschichte, der "nimmermüde Haas" (L'Equipe) ist nach all seinen Verletzungen und Comebacks der Hingucker. "Die Welle", die Haas in Roland Garros so "gerne weiter reiten" wollte, brach endgültig Ende des dritten Satzes, als er seinen Aufschlag zum dritten Mal in diesem Durchgang zum 5:6 verlor. Die Flüche verstummten, sein Widerstand war gebrochen. Eindruck hinterlassen hat der "alte Mann" in Paris trotzdem, der gezeigt hat, dass er immer noch zur absoluten Weltklasse gehört. Die Rückkehr unter die Top10 steht kurz bevor, dort stand Haas zuletzt im Oktober 2007. Grund genug, sich selbst zu belohnen: "Wir werden mit Familie und Freunden schön essen gehen, mal wieder ein schönes Bierchen trinken, vielleicht ein Glas Wein. Im Nachhinein ist man sehr zufrieden mit dem, was man erreicht hat."