Im Betrugsprozess gegen Schumacher hat der Radprofi seine Zweifel an der Glaubwürdigkeit seines damaligen Teamchefs Holczer bekräftigt. Er wusste vom Doping Schumachers.

Stuttgart. Radprofi Stefan Schumacher hat seinen früheren Gerolsteiner-Teamchef Hans-Michael Holczer erneut angegriffen. Im Betrugsprozess vor der 16. Großen Strafkammer des Landgerichts Stuttgart sagte der 31-Jährige, Holczer habe vor der WM 2007 in Stuttgart, bei der er zugleich Manager des Nationalteams war, seine eigenen Anti-Doping-Grundsätze bewusst außer Kraft gesetzt. Er (Schumacher, d. Red.) habe mit der Duldung von Holczer Cortison zur Leistungssteigerung eingenommen. „Das war seine Art, den Anti-Doping-Kampf zu betreiben. Nach außen tun, was ihm hintenrum nichts bedeutet“, sagte Schumacher während des siebten Prozesstages. Mit dem Beitritt in die Bewegung für einen glaubwürdigen Radsport (MPCC) im Jahr 2007 habe sich Gerolsteiner freiwillig eine Regel auferlegt, wonach eine Cortison-Einnahme eine automatische 14-tägige Wettkampfpause nach sich gezogen hätte.

Vor der WM habe Holczer Schumacher die Einnahme dennoch gestattet, um diesem in seiner Heimat bessere Chancen auf den WM-Titel zu garantieren. Er habe das Schlupfloch genutzt, dass es ein Wettkampf des Nationalteams war. „Ich wäre auch ohne Cortison gestartet“, sagte Schumacher, der damals Dritter wurde. In einer zurückliegenden Erklärung erwähnte Holczer das Jahr 2008 als Zeitpunkt der teaminternen Regelung und sprach von einer 15-tägigen Pause.

Schumachers früherer Manager Heinz Betz bestätigte in seiner Zeugenaussage die Version seines ehemaligen Schützlings. Zudem zeichnete Betz ein Bild von Holczer als absolutem Radsport-Insider und legte mit Andeutungen den Schluss nahe, Holczer müsse vom Doping in seinem Team gewusst haben. Zu Beginn seiner Zusammenarbeit mit Schumacher im Jahr 2005 sei Doping aber „kein Thema“ gewesen. „Ich hatte keine Anzeichen, dass irgendwas verkehrt laufen könnte“, sagte Betz, der später nach großen Siegen Schumachers jedoch Vermutungen hatte: „Mir war schon irgendwo klar, dass Erfolge nicht ohne möglich sind in einem System, in dem alle mit diesen Problemen behaftet sind.“

Schumacher, zu dem Betz heute noch ein „freundschaftliches“ Verhältnis hat, habe mit ihm aber nie konkret über seine Praktiken gesprochen, und er habe das hingenommen. „Ich habe respektiert, dass er sich mir gegenüber nicht öffnen wollte. 'Du weißt ja wie es läuft', hat er zu mir einmal gesagt“, gab Betz zu Protokoll. Nach Schumachers positiver Probe sei er „enttäuscht“ gewesen. „Es war unmöglich, das emotional zu verkraften“, sagte Betz, der seither nicht mehr als Manager tätig ist. Es sei sein Fehler gewesen, vorher nicht „intensiver nachzufragen“. Dem Team Gerolsteiner warf er vor, aktiv weder Prävention, noch Aufklärung betrieben zu haben: „Holczer hat gar nix getan. Zu sagen, er habe Doping unterstützt, liegt mir aber fern.“

Die Staatsanwaltschaft wirft dem inzwischen geständigen Dopingsünder Schumacher vor, mit systematischem Doping seinen einstigen Boss beim ehemaligen Gerolsteiner-Team hintergangen und sich mit seinen Verfehlungen laut Anklageschrift einen „rechtswidrigen Vermögensvorteil“ erschlichen zu haben. Es geht um rund 150.000 Euro in den betreffenden Monaten 2008. Schumacher beruft sich darauf, dass Holczer bestens über seine Dopingpraktiken Bescheid wusste und er ihn deshalb nicht betrügen konnte. Der Betrugsprozess gegen Schumacher wird mindestens bis Anfang August verlängert. Das Gericht setzte am bisher letzten Prozesstag fünf weitere Verhandlungstage bis zum 7. August an. In dieser Zeit werden noch weitere Zeugen vernommen.