Bundesligafrauen des Volleyball-Teams Aurubis erzwingen Entscheidungsspiel im Viertelfinale

Hamburg. Dass Sonnabend, der 6. April, ein besonderer Tag für die Bundesliga-Volleyballerinnen des VT Aurubis werden würde, das war schon nach dem ersten Ballwechsel klar. Vendula Merkova hatte ihre Farben mit einem mutigen Aufschlag in Führung gebracht, und als sie zum zweiten Mal an die hintere Spielfeldbegrenzung trat, da lächelte sie. Wer die tschechische Diagonalangreiferin nicht kennt, der kann daran wohl nichts Außergewöhnliches finden. Aber wer weiß, dass sie auch nach perfekten Angriffsschlägen meist die Gefühlsregung eines abgestorbenen Baumes zeigt, der konnte erahnen, dass sich im zweiten Akt der Best-of-three-Viertelfinalserie gegen die Roten Raben Vilsbiburg ein bis dato unbekanntes Gefühl ins Spiel der Hamburgerinnen eingeschlichen hatte: Erleichterung.

Mit 0:3 hatte die Auswahl von Cheftrainer Helmut von Soosten nicht nur das erste Viertelfinalspiel in Bayern, sondern auch die beiden Hauptrundenvergleiche mit Vilsbiburg verloren. Deshalb war der Glaube an einen Sieg selbst unter den Hamburger Spielerinnen nicht sonderlich ausgeprägt gewesen. "Wir haben uns vor dem Spiel in der Kabine gesagt: 'Niemand erwartet etwas von uns. Lasst uns einfach noch ein geiles Heimspiel machen!' Und genauso sind wir dann aufgetreten", sagte Mareike Hindriksen. Die Zuspielerin wurde nach dem 3:0 (25:23, 27:25, 25:13)-Sieg, den 1120 Fans in der CU-Arena nach 76 Spielminuten bejubeln durften, zur wertvollsten Spielerin gewählt. Auch wenn sich die seit Wochen sehr beständig auftretende 25-Jährige die Auszeichnung verdient hatte, so hätte Gästetrainer Guillermo Gallardo sie diesmal auch jeder anderen Hamburgerin andienen können. "Es war eine geschlossene Mannschaftsleistung, ich fand, dass niemand überragend war, aber eben auch niemand schlecht", sagte Spielführerin Imke Wedekind.

Trainer von Soosten sprach nach der Partie gar vom "besten Saisonspiel", und er lag damit sicherlich nicht falsch. Zwar hatte sein Team auch schon bei den Siegen gegen Dresden (3:2) oder in Wiesbaden (3:0), oder auch bei der 2:3-Heimniederlage gegen Titelverteidiger Schwerin phasenweise Spitzenvolleyball gezeigt. Aber drei Sätze auf einem derart hohen und vor allem konstanten Niveau wie gegen den Hauptrundenzweiten hatte es in dieser Spielzeit noch nicht zuwege gebracht. In allen Mannschaftsteilen stimmte es, Annahme und Aufschlag waren stabil, und im Angriff kam bisweilen das Glück dazu, das der Tüchtige sich verdient. "Mich hat besonders gefreut, dass wir so mutig aufgeschlagen und dann unseren Matchplan weiter verfolgt haben", sagte von Soosten, der dennoch vor allzu großer Euphorie warnte. "Wir müssen jetzt zeigen, dass wir so konstant sind, dass wir mehrere Spiele von dieser Qualität bestreiten können", sagte er.

Die Chance dazu hat die Mannschaft, in der Merkova mit 20 Zählern die punktbeste Spielerin war, nun am Mittwoch. Um 20 Uhr steht in Vilsbiburg das Entscheidungsspiel um den Halbfinaleinzug an. Mit der Leistung vom Sonnabend, das stellte die mit 67 Prozent Angriffsquote überzeugende Mittelblockerin Wedekind klar, könnte die große Überraschung passieren. Fraglich ist, ob es der Mannschaft noch einmal gelingt, derart befreit aufzuspielen. "Warum nicht? Der Druck liegt doch bei Vilsbiburg, die sind der klare Favorit. Aber wir fahren da sicherlich nicht noch einmal hin, nur um dort auszuscheiden", sagte sie. Die reine Fahrtzeit ist immerhin nicht so lang wie beim ersten Mal. Die Clubführung hatte im Falle des Erreichens des Entscheidungsspiels versprochen, statt einer zehnstündigen Busreise bis München zu fliegen und von dort eine Stunde per Bus zu fahren. Bis auf die unter Flugangst leidende Hindriksen freuen sich alle Spielerinnen über diese Belohnung.

Der Halbfinaleinzug wäre nicht nur aus sportlicher Sicht ein wichtiges Zeichen, er könnte vielmehr einigen Spielerinnen die Entscheidung erleichtern, ob sie ihre Zukunft weiterhin in Hamburg sehen. Die besten vier Teams der Liga treten im Europapokal an, und die Hoffnung, dass Hauptsponsor Aurubis in diesem Fall die Kürzung des Etats um rund 30 Prozent noch einmal überdenkt, ist groß. Derzeit ist die Planung, nur sechs der zwölf aktuellen Spielerinnen zu halten, und das zu deutlich verringerten Bezügen. "Dass wir mit den derzeitigen Angeboten nicht zufrieden sind, ist keine Überraschung. Niemand verzichtet gern auf ein Fünftel seines Gehalts", sagte Mareike Hindriksen, die zu dem Sextett gehört, das sich Trainer von Soosten auch künftig in seinem Aufgebot wünscht. "Aber wenn wir dem Verein jetzt durch unsere Leistungen zeigen, dass wir es wert sind, dass die Angebote noch einmal nachgebessert werden, hätten doch alle gewonnen."

Die weiteren Viertelfinalspiele: Münster - Dresden 0:3 (Dresden weiter), Potsdam - Schwerin 2:3 (Stand 1:1), Stuttgart - Wiesbaden 2:3 (Stand 0:2). Die Zweitligafrauen des VT Aurubis unterlagen in Emlichheim im letzten Auswärtsspiel der Saison 1:3 und bleiben Tabellenneunter. Helmut von Soosten und Mittelblockerin Ciara Michel sind an diesem Montag (20.15 Uhr, Hamburg 1) Gast bei "Rasant"