Die deutschen Handballer stehen mit dem Rücken zur Wand: Nach der Schmach von Brünn droht die erste EM ohne deutsche Beteiligung. Die Kritik an Trainer Martin Heuberger wird immer lauter.

Brünn/Hamburg. Dem Höhenflug bei der erfolgreichen WM folgte der Tiefschlag: Nach der bitteren Niederlage in der EM-Qualifikation gegen Tschechien (22:24) drohen die deutschen Handballer nach den Olympischen Spielen in London ein weiteres Großereignis zu verpassen. Vor dem Rückspiel am Sonntag (14.20 Uhr/WDR) in Halle/Westfalen steht der WM-Fünfte enorm unter Druck. Vor allem Bundestrainer Martin Heuberger.

Der Verzicht auf Holger Glandorf und Lars Kaufmann könnte für ihn zum Bumerang werden. „Es wird viel spekuliert, aber das sind doch Hirngespinste. Wir lassen uns nicht verrückt machen. Ich habe immer gesagt, dass die Quali schwer werden würde. Aber es ist noch alles drin“, sagte Heuberger vor dem Rückflug nach Hannover. Und auch beim Deutschen Handballbund (DHB) war am Tag nach der zweiten Quali-Pleite im dritten Spiel Gelassenheit Trumpf. „Wir beschäftigen uns nicht mit einem möglichen Scheitern“, sagte DHB-Vizepräsident Horst Bredemeier. „Wir müssen jetzt drei Mal gewinnen, dann dürfte das reichen.“

Doch selbst sechs Punkte aus den drei ausstehenden Partien würden nicht zwangsläufig die Qualifikation für das Endrundenturnier im kommenden Jahr in Dänemark (14. bis 26. Januar) bedeuten. Nach den Niederlagen in den ersten Duellen mit Montenegro (6:0-Punkte) und Tschechien (4:2) sind dafür deutliche Siege in den Rückspielen Pflicht - und die sind nach dem Auftritt bei den Tschechen nicht unbedingt zu erwarten.

Kopflos in der Verteidigung und planlos im Angriff - ohne seinen verletzten Kapitän Oliver Roggisch zeigte das deutsche Team im Hexenkessel von Brünn über weite Strecken eine ganz schwache Vorstellung. Während Tschechiens Superstar Filip Jicha (zehn Tore) die deutsche Defensive im Alleingang auseinandernahm, fehlte es auch vorne an allen Ecken und Enden. Nach einer zwischenzeitlichen 8:4-Führung verlor die DHB-Auswahl völlig den Faden. „Wir sind nervös geworden, haben vor allem im Angriff den Kopf verloren und zu schnell abgeschlossen“, sagte Heuberger.

„Das ist doch müßig, darüber zu diskutieren“

Weil neben Keeper Silvio Heinevetter einzig Steffen Weinhold (neun Tore) überzeugte, übte der Bundestrainer deutliche Kritik an seinen Rückraumspielern: „Da muss in der Spielsteuerung mehr kommen. Aus der zweiten Reihe fehlte bis auf Steffen die Gefahr.“ Mit der erneuten Nichtnominierung der kampferprobten Shooter Glandorf und Kaufmann, immerhin Weltmeister von 2007, liefert aber vor allem Heuberger selbst zunehmend Angriffsfläche. „Das ist doch müßig, darüber zu diskutieren. Was wäre, wenn - es ist reine Spekulation, ob wir mit ihnen besser gespielt hätten“, sagte Heuberger.

Fakt ist, dass sich speziell der rückkehrwillige Glandorf zurzeit in bestechender Form befindet und in Flensburg zuletzt immer wieder bewiesen hat, dass er Spiele im Alleingang entscheiden kann. Vor dem zweiten Aufeinandertreffen mit den erfahrenen Tschechen, das definitiv ohne die beiden Flensburger stattfinden wird, zählt nur ein Sieg. „Es gibt nur ein Ziel am Sonntag: Und zwar, dass wir zwei Punkte holen“, sagte Weinhold. Alles andere würde bei einem gleichzeitigen Erfolg Montenegros in Israel (0:6 Punkte) wohl das Ende der deutschen EM-Träume bedeuten.