Nach 44 Jahren spielt die deutsche Rugby-Nationalmannschaft wieder in Hamburg. Dem Sport fehlt allerdings leider die Beachtung.

Hamburg. Am Montag verkündete der Hamburger Rugbyverband via Facebook große Neuigkeiten: Man habe sich mit der Stadt Hamburg geeinigt und werde noch bis zum Ende des Jahres die Wolfgang-Meyer-Sportanlage in ein modernes Rugbyzentrum umbauen. Was für viele Rugbyfans in Hamburg klang wie ein Märchen, war auch eins. Nur wenige Stunden später kam die Aufklärung, dass es sich um einen Aprilscherz handelte.

Was lustig gemeint war, sagt doch einiges über den Stellenwert von Rugby in der Hansestadt aus. Rugby ist Nischensportart und hat lange nicht den Stellenwert wie zum Beispiel im Süden der Republik. Um den Sport populärer zu machen, spielt am Sonnabend um 14.30 Uhr in der Wolfgang-Meyer-Sportanlage (Hagenbeckstraße. 124, 22527 Hamburg) die deutsche Nationalmannschaft gegen Schweden. Es ist das erste Länderspiel in Hamburg seit fast 44 Jahren. Im Oktober 1969 verlor Deutschland gegen die ehemalige Tschechoslowakei mit 11:18. "Es war ziemlich knapp", sagt Horst Wohler, der damals im Hammer Park dabei war und bis heute mit 30 Einsätzen Hamburgs Rugby-Rekordnationalspieler ist. Dabei war Rugby in Hamburg zu Beginn des 20. Jahrhunderts sehr beliebt. In den 60er-Jahren wurde der Anschluss verpasst und andere Sportarten zogen vorbei. "Nirgendwo ist der Fußball so dominant wie in Deutschland", sagt Klaus Merkle, Präsident des Hamburger Rugbyverbands. Der Sport hat zudem ein Imageproblem. Rugby ist extrem traditionsbewusst, der Sport steht im Vordergrund, halb nackte Cheerleader wie beim Football hätten beim Rugby keine Chance. "Werte wie Respekt, Loyalität und Teamgeist sind auch heute noch sehr wichtig", sagt Matthias Hase, Sprecher des Hamburger Rugbyverbands.

Zudem habe man mit dem Ruf als "Kopfabreißsport" zu kämpfen, aber "das stimmt einfach nicht", sagt Hase: "Es gibt klare Regeln, Tritte und Schläge sind komplett verboten." Zwar ist das Niveau in Hamburg im Verhältnis zu Rugbyhochburgen wie in Heidelberg eher unterklassig, dennoch wachse man, sagt Hase. Fast 1000 Mitglieder hat der Hamburger Rugbyverband mit seinen acht Clubs aktuell. Der FC St. Pauli ist mit über 550 Mitgliedern der größte Rugbyverein Deutschlands und eines der Gründungsmitglieder der Bundesliga. Sein Frauenteam gewann seit 1989 achtmal die deutsche Meisterschaft. Ab der kommenden Saison werden mit St. Pauli und dem Hamburger Rugby-Club auch wieder zwei Männer-Erstligisten in Hamburg spielen. Sportlich bewegt man sich aber komplett im Amateurbereich.

Das weiß auch Friedrich Michau. Der 33-Jährige spielt beim FC St. Pauli und ist der letzte Hamburger Rugbynationalspieler, im Jahr 2007 bestritt er sein letztes Länderspiel. Seitdem kam wenig nach, auch weil es im Rugby eine alte Regel gibt, dass jeder Spieler, der drei Jahre in einem Land aktiv ist, auch für die Nationalmannschaft dieses Landes spielberechtigt ist. Vielen einheimischen Talenten wird so der Weg in den nationalen Kader verbaut. So gibt es im deutschen Aufgebot unter anderem gebürtige Neuseeländer, Australier und Südafrikaner. "Diese Regel ist international umstritten. Sie kostet Plätze, hebt aber auch das Niveau", sagt Michau, der beim FC St. Pauli den gesamten Jugendbetrieb koordiniert. Von der U6 bis zur U18 betreibt der Club acht Mannschaften und wurde für seine Nachwuchsarbeit bereits mehrfach ausgezeichnet. "Unser Konzept ist aber wenig leistungsorientiert aufgestellt, wir wollen möglichst viele Menschen für unseren Sport begeistern", sagt Michau.

Dafür soll sich auch das Länderspiel gegen Schweden ein wenig vom prüden Rugby-Image lösen und wird zumindest leicht eventisiert. Es gibt einen DJ und eine Anzeigentafel, die Nationalhymnen werden live gesungen. "Das klingt jetzt ganz normal, aber in Heidelberg gibt es so etwas nicht", sagt Matthias Hase, der neue Standards setzen und mehr Leute für den Sport gewinnen will. Dann muss auch der Traum eines Rugbyzentrums in ferner Zukunft vielleicht kein Aprilscherz mehr bleiben.