Nach dem Sieg im Nordderby gegen den HSV hat der THW Kiel seine 18. Meisterschaft dicht vor Augen. Heiß diskutiertes Thema war am Osterwochenende aber ein anderes. Reformpläne spalten die Liga.

Kiel. Am Ende war alles wie immer. Fast jedenfalls. Während sich die Spieler des THW Kiel nach dem Quantensprung gen Titelverteidigung von ihren Fans minutenlang feiern ließen, flüchteten die Protagonisten des HSV Hamburg in die Kabine und haderten mit sich und der Schiedsrichterleistung.

Den meisten Gesprächsstoff lieferte diesmal aber nicht der verdiente Kieler Erfolg (30:27) in einem emotionsgeladenen und bis in die Schlussminute spannenden Nordderby. Am Rande des Prestigeduells entbrannte endgültig die Diskussion über die Pläne für ein mögliches Meister-Finale. Kaum war der so wichtige Sieg gegen den Erzrivalen eingefahren, machte THW-Manager Klaus Elwardt seinem Ärger über die Überlegungen der Liga-Spitze Luft.

„Das ist ein Pseudo-Spiel, das keiner braucht. Der THW wird sich klar dagegen positionieren“, sagte Elwardt in unmissverständlichem Tonfall: „Wir müssen den Handball anders voranbringen, und zwar indem wir die Nationalmannschaft stärken.“

Damit stellte sich der Geschäftsführer des deutschen Rekordmeisters auf die Seite von Bob Hanning. Der Manager der Füchse Berlin hatte sich zuvor ebenfalls kritisch bezüglich eines möglichen Endspiels um die deutsche Meisterschaft geäußert, in dem sich ab der Saison 2014/15 der Erst- und Zweitplatzierte der Hauptrunde gegenüberstehen sollen. Austragungsort soll aufgrund vermeintlich verbesserter Vermarktungsmöglichkeiten ein Fußballstadion sein.

„So ein Endspiel würde eine ganze Saison auf den Kopf stellen“, sagte Hanning der B.Z.: „Und in ein Fußballstadion zu gehen, ist eben nicht Handball.“ Auch THW-Kapitän Marcus Ahlm hielt mit seiner Meinung nicht hinterm Berg. „Ich kann die Argumente gut verstehen, halte als Sportler aber nichts davon“, sagte Ahlm: „In Schweden habe ich die Play-offs erlebt, in der Bundesliga ein System, in dem der Meister wird, der nach 34 Spieltagen der Beste ist. Das ist fairer und deshalb auch besser.“

Weitaus aufgeschlossener gegenüber einer möglichen Neuausrichtung, über die bei einer Mitgliederversammlung der Bundesliga-Klubs im Sommer entschieden werden soll, zeigte man sich beim Ex-Meister Hamburg. „Man sollte das Thema nicht gleich ad acta legen. Es ist positiv, dass man sich darüber Gedanken macht, wie man das Produkt Handball weiter aufwerten und die Attraktivität der Sportart erhöhen kann“, sagte HSV-Geschäftsführer Christoph Wendt.

Richtig guten Sport hatten zuvor auch die 10.258 Zuschauer in der ausverkauften Kieler Arena erlebt. Zwar ließ der THW auch gegen den HSV jene Souveränität und Selbstverständlichkeit vermissen, mit der er in der vergangenen Saison nahezu mühelos zum Titel ohne Verlustpunkt marschiert war. Doch Kiels Trainer Alfred Gislason konnte sich in den entscheidenden Situationen wieder einmal auf die Breite seines Kaders verlassen. „Wir hatten am Ende einfach mehr Kraft“, sagte THW-Spielmacher Aron Palmarsson.

Von einer Vorentscheidung im Titelkampf wollte beim Triple-Sieger des Vorjahres aber trotz des vergleichsweise einfachen Restprogramms keiner etwas wissen. „Diese Liga ist unberechenbar. Es ist noch nicht alles gelaufen“, sagte Gislason und erstickte aufkommende Euphorie im Keim: „Wir haben noch schwere Auswärtsspiele wie gegen Melsungen, die uns zuhause geschlagen haben. Ich glaube, dass es bis zum Ende spannend bleibt.“

HSV-Trainer Martin Schwalb, dessen Team durch die erste Niederlage nach zehn Ligaspielen wertvollen Boden im Kampf um die Champions League verloren hatte, gratulierte den Kielern derweil schon zum 18. Meistertitel. „Sie haben jetzt noch einmal einen wichtigen Brocken aus dem Weg geräumt. Und eine Mannschaft wie der THW wird sich das kaum noch nehmen lassen“, sagte Schwalb. Der HSV wartet seit nunmehr fünfeinhalb Jahren auf einen Erfolg in Kiel.