Miami. Nein, daran konnte er sich nun wirklich nicht mehr erinnern. Wann er denn das letzte Mal in seiner Karriere einen Weltranglistenersten geschlagen habe, wollte einer von Tommy Haas nach dessen Coup von Miami gegen Novak Djokovic wissen. Und half dann gleich mit den Daten: "Andre Agassi, 1999." Damals war Gerhard Schröder Bundeskanzler, das Preisgeld wurde in D-Mark umgerechnet, Agassi ist längst zurückgetreten, das Turnier war der Grand-Slam-Cup in München, den es ebenfalls nicht mehr gibt. Nur Tommy Haas, der ist noch da und mischt als Tennisprofi in der Weltspitze mit. Mit 6:2, 6:4 schaltete er im Achtelfinale des bedeutenden ATP-Masters in Miami den Besten der letzten zwei Jahre aus. "Ich bin einfach stolz und glücklich, gegen solch einen großartigen Spieler gewonnen zu haben", sagte der fast 35-Jährige, "wegen dieser Momente bin ich immer noch dabei."

Diverse Male schon schien der gebürtige Hamburger am Ende. Hüftverletzung, Schulter, Zwangspausen, Operationen, immer wieder. Und immer wieder kam er zurück. "Ich möchte, dass meine Tochter mich noch als Tennisspieler sieht", sagte er 2011. Valentina ist inzwischen zwei und in Miami dabei. 2012 wählten die Kollegen Haas zum Comeback-Spieler der Saison, nachdem er in der Weltrangliste von Platz 205 auf 21 geklettert war. "Er hat wieder seine alte Form erreicht, das ist sehr beeindruckend", lobt der Australier Lleyton Hewitt.

In der Night Session zum Mittwoch kam Haas gegen den sechsmaligen Grand-Slam-Champion ein plötzlicher Temperatursturz und wechselnde Winde zugute. Djokovic kam damit gar nicht klar. "Es gibt Tage, an denen nichts für dich läuft", sagte der Serbe, "aber ich muss Tommy gratulieren. Er war besser, hatte die bessere Taktik und hat mich schlecht spielen lassen." Nach 1:20 Stunden stand einer von Haas' größten Siegen fest. "Das sind die Momente, die ich am meisten liebe. In den großen Stadien gegen die Besten der Welt zu spielen", sagte Haas, "gegen jemanden wie Novak in diesem Moment meiner Karriere zu gewinnen ist unglaublich."

In der Nacht zum Donnerstag stand er im Viertelfinale schon wieder gegen den Franzosen Gilles Simon auf dem Platz. Nummer 13 der Welt, fünf Plätze über Haas notiert. Ergebnis egal - Haas muss niemandem mehr etwas beweisen. Außer Valentina vielleicht.