Ein Kommentar von Kai Schiller

Wenige Minuten, nachdem Deutschland die Kasachen am Dienstag standesgemäß mit 4:1 nach Hause geschickt hatte, gab es in Nürnberg nur noch ein Thema: Manuel Neuers Patzer und die Pfiffe danach. Umgehend wurde eine Task-Force zur Rufrettung des Münchners einberufen. So schimpfte Bundestrainer Joachim Löw über die "Häme der Fans", Kapitän Philipp Lahm kritisierte die "unpassende Reaktion". Und Neuer? Der Keeper bat um Entschuldigung, erklärte seinen Ärger über den eigenen Fehler und gelobte Besserung.

Darf man nun seriös nach der 15-zeiligen Einleitung die Frage stellen, ob Deutschland ein Torwartproblem hat? Nein, darf man nicht! Neuer ist noch immer ein überragender Keeper, auch nach seinem Fehler gegen die Nummer 139 der Welt. Deutschland hat kein Keeper-Problem, Neuer aber ein echtes Luxusproblem.

Der Wahl-Münchner kann sich in dieser Saison weder bei den defensivstarken Bayern auszeichnen noch im DFB-Team. Da fallen dann seltene Fehler wie am Dienstag umso mehr auf. Und anders als in den vergangenen Jahren hat Neuer mit René Adler einen Konkurrenten auf Augenhöhe dazubekommen. Der kann bei der wackeligen HSV-Abwehr jedes Wochenende mit Paraden glänzen.

Deutschland deswegen aber ein Torwartproblem andichten zu wollen wäre in etwa so, als würde der DFB die Torhüter-Ausbildung künftig nach England ausgliedern. Also: Löw hat den besten Torhüter der Welt - und den zweitbesten ebenfalls. Über die interne Reihenfolge darf nun selbstverständlich wieder diskutiert werden - gerne auch seriös.