Der Bergedorfer denkt gerne an Olympia 2012 und das Gold mit dem Deutschland-Achter zurück. Seitdem hat sich für ihn viel verändert. Er ist kein Sportsoldat mehr und muss seinen Lebensunterhalt selbst verdienen.

Hamburg. Noch heute bekommt Eric Johannesen eine Gänsehaut, wenn er an die Olympischen Spiele in London und die Rückkehr an Bord der MS Deutschland zurückdenkt. Mit dem Deutschland-Achter gewann der Ruderer aus Hamburg im vergangenen Sommer die Goldmedaille. Besonders der Empfang in seiner Heimatstadt, als die Olympioniken per Schiff in Hamburg ankamen, ist ihm in Erinnerung geblieben. „Es war einfach der Wahnsinn“, erzählt der 24-Jährige. „Zigtausend Menschen standen am Hafen. Ich hätte niemals so viele erwartet. Das war ein gewisses Star-Feeling, das man nie zuvor erlebt hat.“

Gut ein halbes Jahr liegt das nun zurück. Gelegentlich wird Johannesen noch an das Highlight in London erinnert – zum Beispiel bei der Wahl des Deutschland-Achters zur Mannschaft des Jahres. Ansonsten hat ihn der Alltag längst eingeholt. „Das war schon eine gewisse Umstellung. Vor Olympia hat man nur für das Rudern gelebt, ständig in Hotels übernachtet und musste sich um nichts kümmern außer den Sport. Nun muss ich den Alltag wieder selber organisieren.“

Im Herbst begann der Hanseat ein Studium im Bereich Wirtschaftsingenieurswesen. „Erneuerbare Energien interessieren mich sehr, daher möchte ich mich darauf spezialisieren“, sagt er zu seiner Zukunft. Der Sport soll trotzdem nicht zu kurz kommen, Olympia 2016 in Rio ist als Ziel präsent. „Natürlich kann ich nicht mehr dreimal täglich trainieren. Die Universität spannt mich stark ein“, gibt der Ruderer vom RC Bergedorf zu. Angst vor einem Leistungseinbruch hat er aber nicht: „Ich habe viele Erfahrungen gesammelt und mir ein gewisses Niveau erarbeitet.“

Als Vollzeit-Student ist Johannesen kein Sportsoldat mehr. Die Zeiten, in denen er ein Grundeinkommen hatte, sind vorbei. „Seitdem muss ich selber schauen, wie ich meinen Lebensunterhalt verdiene.“ Erst kürzlich hat der Olympiasieger einen Obst- und Gemüseanbieter als persönlichen Sponsor gefunden. Mit diesen Einnahmen, zu denen die Förderung der Deutschen Sporthilfe und des Teams Hamburg hinzukommt, kann er über die Runden kommen.

„Aber es ist nicht so, dass ich auf großem Fuß lebe. Hamburg ist ein teures Pflaster. Ich wohne mit meiner Freundin in einer 50-Quadratmeter-Wohnung“, sagt er. Überhaupt hält er das deutsche Fördersystem für verbesserungswürdig: „Es wäre schön, gäbe es ähnlich wie bei der Bundeswehr für alle Spitzensportler eine Grundförderung. Es ist der falsche Weg, wenn jeder Athlet sich Gedanken machen muss, wie er seinen Sport finanziert.“

Sportlicher Höhepunkt dieses Jahres wird für Johannesen die Weltmeisterschaft auf dem Tangeum-See in Chungju/Südkorea Ende August sein. Die Besatzung des Deutschland-Achters hat sich seit Olympia jedoch verändert. Florian Mennigen und Filip Adamski haben mit dem Leistungssport aufgehört, Andreas Kuffner und Lukas Müller pausieren wegen ihres Studiums für ein Jahr. Auch die beeindruckende Serie von 36 Siegen, da gibt sich Johannesen keinen Illusionen hin, dürfte demnächst reißen: „Im Sport hält nichts ewig.“